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Mobbing: Migrantenkinder weniger betroffen  
  Zu einem überraschenden Ergebnis kommen Psychologinnen der Universität Wien: Deutschsprachige Schüler in Hauptschulen sind öfters in "Bullying", die schulspezifische Form des Mobbings, verwickelt als Kinder und Jugendliche mit anderer Muttersprache - sie grenzen ihre Mitschüler öfter aus und beleidigen sie häufiger verbal.  
Keine Unterschiede stellte die Studie "Bullying und Viktimisierung in multikulturellen Schulklassen" hingegen bei körperlichen Attacken, fest: Das Herkunftsland spiele offenbar eine untergeordnete Rolle bei Konflikten in multikulturellen Schulklassen, meinte Studienautorin Dagmar Strohmeier im Gespräch mit der APA.
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Bullying: Die Schwächeren quälen
Laut einer Veröffentlichung des Arbeitsbereichs Bildungspsychologie der Uni Wien lautet die heute allgemein gültige Definition von Bullying: ¿Ein Schüler oder eine Schülerin ist Gewalt ausgesetzt, wenn er oder sie wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler/innen ausgesetzt ist, ohne selbst provokativ gewesen zu sein. Der Täter oder die Täterin ist dem Opfer dabei in irgendeiner Weise überlegen, so dass es sich nicht um einen ¿Kampf¿ zwischen Gleichstarken handelt.¿

Laut diesem Factsheet waren zwölf Prozent der österreichischen Kinder mindestens einmal im vergangenen Jahr Opfer von Bullying-Attacken. Weitere zwölf Prozent traten als Täter im selben Zeitraum in Erscheinung. Fünf Prozent sind sowohl Opfer als auch Täter. 71 Prozent der Kinder sind unbeteiligt.
->   Weitere Informationen zum Thema Bullying (pdf-Datei)
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Bunt gemischte Untersuchungsgruppe
Für ihre Studie untersuchten Dagmar Strohmeier, Moira Atria und science.ORF.at-Autorin Christiane Spiel vom Arbeitsbereich Bildungspsychologie und Evaluation an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien 280 Wiener Hauptschüler (133 Mädchen, 147 Burschen) im Alter zwischen elf und 15 Jahren, die gemäß Muttersprache und Geburtsort in vier Gruppen geteilt wurden:

38 Prozent waren deutschsprachig, 29 Prozent mit Muttersprache aus dem Raum des ehemaligen Jugoslawien (Serbokroatisch, Serbisch, Kroatisch, Bosnisch, Mazedonisch), 22 Prozent türkischsprachig, zehn Prozent hatten sonstige Muttersprachen.
Grund: eigenes Verhalten und Unbeliebtheit
Die Bewertung erfolgte sowohl durch Selbsteinschätzung als auch durch von Mitschülern vorgenommene "Nominierung".

Als Grund für erlittene verbale Beleidigungen, Ausgrenzung oder körperliche Attacken machten die Jugendlichen - unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit - vor allem eigenes Verhalten und eigene Unbeliebtheit aus.
Bullying nur selten rassistisch interpretiert
Viel seltener wurde dieses "Bullying" rassistisch interpretiert - wenn doch, dann insbesondere von Jugendlichen mit türkischer Muttersprache bzw. mit sonstigen Muttersprachen.

Die Kinder der letzteren Gruppe seien vermutlich deshalb besonders gefährdet, weil sie zum Teil - anders als deutschsprachige, türkischsprachige und aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Jugendliche - praktisch allein in einer Klasse vertreten seien, so Psychologin Strohmeier.
Soziokulturelle Faktoren als Hintergrund vermutet
Die Gründe für Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen lassen sich laut Strohmeier nicht eindeutig klären. In der Studie werden soziokulturelle Faktoren wie etwa kulturelle Normen oder Sozialisationsbedingungen als Erklärungsmuster angeführt.

Möglicherweise seien Jugendliche mit deutscher Muttersprache, die eine Hauptschule besuchen, sozial benachteiligter als Jugendliche der anderen drei Gruppen.

[science.ORF.at/APA, 22.12.04]
->   Bildungspsychologie und Evaluation an der Fakultät für Psychologie der Uni Wien
->   Alle Beiträge von Christiane Spiel in science.ORF.at
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01.01.2010