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Warum graue Haare wachsen  
  Vor allem Männerhaare ergrauen oft schneller, als es ihren Trägern lieb ist. Eine neue Theorie über die zellulären Mechanismen hinter dem Phänomen bieten nun US-Mediziner an - dabei handelt es sich um ein "Nebenprodukt" von Forschungen zu Hautkrebs.  
Die Gruppe um David Fisher vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston hat bei Mäuseversuchen ein Gen ausfindig gemacht, das selektiv jene Stammzellen beschützt, die sich später zu Farbstoff-tragenden Zellen ausdifferenzieren.

Die im "Scienceexpress" publizierten Ergebnisse stehen im Widerspruch zu früheren Thesen, wonach Pigment bildende Zellen beim Prozess des Ergrauens schlecht funktionieren.
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Die Studie "Mechanisms of Hair Graying: Incomplete Melanocyte Stem Cell Maintenance in the Niche" ist als Online-Vorabpublikation im "Scienceexpress" am 24.12.04 erschienen.
->   "Scienceexpress"
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Entscheidendes Gen: Bcl2
Die Forscher haben undifferenzierte Melanozyten-Stammzellen in den Haarfollikeln von Mäusen untersucht. Während der Ruhephase des Wachstumszyklus der Haare bilden diese Stammzellen bei jungen oder normalen Mäuse Melanozyten und sind für die Farbgebung der Haare verantwortlich.

Wie die Forscher schreiben, beschützt das so genannte Bcl2-Gen die Stammzellen beim Übergang des Haares von der Wachstums- in die Ruhephase.
Weniger und fehlerhaftere Stammzellen
Bei alternden Mäusen stellten die Forscher nun fest, dass diese Stammzellen proportional zum Ergrauen des Haares weniger werden.

Doch sie werden nicht nur weniger: Sie begehen auch immer mehr Fehler, d.h. sie differenzieren sich zu vollständig pigmentierten Zellen an der falschen Stelle des Haarfollikels aus und sind dort für die Färbung des Haares nutzlos.
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Melanozyten
Melanozyten sind die Pigment bildenden Zellen unserer Haut. Sie schützen durch ihr Pigment, das Melanin, die Haut vor möglichen Schäden durch Sonneneinstrahlung. Bei verstärkter Sonneneinstrahlung beginnen sie ihr dunkles Pigment in verstärktem Ausmaß zu bilden. Damit wird der Körper vor schädlichen UV-Strahlen geschützt, für manche ein angenehmer Nebeneffekt ist die Bräune unserer Haut. Doch durch eine überstarke Reizung der Melanozyten kann ihr genetisches Material geschädigt werden. Die Folge: Ein Melanom entsteht.
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Grau kurz nach der Geburt
 
Bild: Science/David Fisher

Schon bisher galt das Gen Bcl2 als Antagonist des natürlichen Zelltodes, der Apoptose. Fisher und sein Team haben deshalb im Rahmen ihrer Melanom-Forschungen Mäuse untersucht, denen dieses Gen fehlte.

Im Extremfall waren Nager zu beobachten, die die Melanozyten-Stammzellen kurz nach der Geburt verloren und unmittelbar danach ergrauten. Im Bild zu sehen: eine ergraute Maus ohne Bcl2-Gen, nur 58 Tage nach ihrer Geburt.

Untersuchungen von menschlichen Kopfhautzellen lassen darauf schließen, dass bei Menschen ein ähnlicher Mechanismus zum Tragen kommt.
Teil der Melanom-Forschung
Das Ziel der Forscher um David Fisher vom Dana-Farber Cancer Institute ist es nicht den Wuchs von grauem Haar zu verhindern. Vielmehr steht die Behandlung von Melanomen im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit - bzw. der Lebensszyklus der Melanozyten, die sich bei Hautkrebs bösartig verändern.

Nun gilt es laut den Forschern die zellulären Signalwege zu entschlüsseln, die den Tod und die Fehler der Stammzellen auslösen - sozusagen den umgekehrten Mechanismus der Melanome, wo sich die Melanozyten unkontrolliert vermehren und Tumoren bilden.

[science.ORF.at, 25.12.04]
->   Dana-Farber Cancer Center
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Melanom
 
 
 
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01.01.2010