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Überschwemmung: Auch langfristige Seuchengefahr  
  Überschwemmungen, Erdbeben und andere Katastrophen, durch die in tropischen Regionen die Infrastruktur zusammenbricht, lassen die Seuchengefahr nicht nur kurzfristig steigen. Auch mittel- bis langfristig können mehr Krankheiten auftreten, wie der Wiener Tropenmediziner Herwig Kollaritsch erklärt.  
Zuerst Durchfall, dann übertragene Krankheiten
"Zunächst besteht vor allem die Gefahr, dass die verschiedensten Durchfallerkrankungen auftreten. Doch Hochwasser bedeutet in diesen Regionen auch, dass sich die Mückenpopulation danach stark vermehrt. Damit steigt die Gefahr von durch sie übertragenen Krankheiten wie Malaria etc", so Herwig Kollaritsch gegenüber der APA.
Infrastruktur wieder herstellen
Am wichtigsten wäre es nun laut dem Leiter der Abteilung für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinuniversität Wien die Versorgung mit Trinkwasser und die Infrastruktur (Abwasser- und Abfallbeseitigung, Energieversorgung) wieder herzustellen:

"Kurzfristig wird man vor allem ein massives Ansteigen von Durchfallerkrankungen sehen. Das können Salmonellen- und E.-coli-Infektionen genau so sein wie Typhus und Cholera. Weiters sind auch durch Viren bedingte Infektionen möglich. Dazu gehört auch die Hepatitis A."
Entscheidend: Trinkwasseraufbereitung
Der Grund dafür ist laut Kollaritsch simpel: "Das ist der Zusammenbruch der Infrastruktur. In dem Moment, in dem die Ausscheidungen der Menschen nicht entsorgt werden oder wieder zurückkommen, noch dazu in diesem warmen Klima, kommt es zur Verbreitung der Krankheitserreger.

Wenn die Trinkwasserversorgung zusammen gebrochen ist, trinken die Menschen auch verschmutztes Wasser. Irgendetwas müssen sie ja trinken. Besonders gefährdet sind hier Kleinkinder.

Ich würde überhaupt versuchen, nur noch in Flaschen industriell aufbereitete Getränke zu mir zu nehmen. Die Wiederherstellung der Trinkwasserversorgung bzw. die Installierung einer Trinkwasseraufbereitung ist entscheidend."
Ebenfalls kritisch: Energieversorgung
Der nächste Krisenpunkt in Katastrophengebieten wie nach dem Seebeben in Asien ist die Energieversorgung. Kollaritsch: "Gibt es keinen Strom oder nur zeitweise Strom, bricht die Kühlkette zusammen. Auch frische Lebensmittel verderben schneller."

Das ist ein weiteres Infektionsrisiko. Wer keinen Strom zum Kühlen hat, hat auch keinen Strom zum Abkochen von Wasser oder zum Kochen von Essen, was ja eine fast perfekte Desinfektion ist.
Gute Katastrophenvorbereitungen gefragt
Was für die echte Krisenzeit in den betroffenen Ländern und Regionen entscheidend ist: die Güte der Zivilschutz- und Katastrophenvorbereitungen. Der Tropenmediziner Herwig Kollaritsch: "Thailand hat zum Beispiel eine sehr gute Krisenvorsorge. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das in weiten Teilen Indiens nicht in dem Maße gegeben ist."

Lokale Kräfte und Organisationen sind viel besser in der Lage, massenhaft auftretende Probleme in Bann zu halten. Hilfe von Außen wird wohl nur an bestimmten neuralgischen Punkten wirksam werden können. Dazu ist das Katastrophengebiet nach dem Erdbeben viel zu groß und divers.
Langfristig: Vermehrung der Mückenpopulation
Doch auf die betroffenen tropischen Regionen in Asien könnten noch andere Gesundheitsprobleme zukommen. Der Tropenmediziner: "Längerfristig kann sich in diesen Regionen die Mückenpopulation stark vermehren.

Dadurch kommt es zur verstärkten Übertragung von Krankheiten, deren Verbreitung durch sie erfolgt. Da ist zunächst die Malaria zu nennen, ebenso aber auch das Dengue-Fieber, eventuell auch die Japan-Enzephalitis."
Akute Gefahr in einem Monat
Eine verstärkte Malaria- und Dengue-Gefahr könnte sich beispielsweise für den indischen Subkontinent und Sri Lanka ergeben. Phuket hingegen könnte vermehrt Dengue-bedroht werden.

Allerdings, bis zum Entstehen dieser Gefahren dürfte zumindest noch ein Monat vergehen. Das ergibt sich aus der Brutzeit der Stechmücken.
Touristen besser versorgt als Menschen vor Ort
Keine Frage, wer sich jetzt als Tourist in einer der betroffenen Regionen aufhält und sich auf die Fernreise reisemedizinisch gut vorbereitet hat, ist besser dran als Menschen ohne diese Vorsorge.

Das gilt für die Malariaprophylaxe (auch Stand-by-Medikation) genau so wie das Vorhandensein eines üblichen Breitband-Antibiotikums zur Behandlung einer schweren Durchfallerkrankung und die Impfungen.

[science.ORF.at/APA, 28.12.04]
->   Tropeninstitut der Universität Wien
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01.01.2010