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Geckofüße reinigen sich von selbst  
  Geckos gelten als wahre Kletterkünstler unter den Wirbeltieren. Dieses Vermögen verdanken sie biologischen Nanostrukturen an ihren Beinen, die sie an Oberflächen gewissermaßen festkleben. Wie US-Forscher nun herausgefunden haben, besitzen diese Strukturen eine weitere äußerst angenehme Eigenschaft: Sie reinigen sich selbständig.  
Wie W.R. Hansen und K. Autumn vom Lewis and Clark College in Portland berichten, geben die fein verzweigten Borsten der Gecko-Finger Schmutzpartikel automatisch an Oberflächen ab. Die Forscher vermuten, dass dereinst auch künstliche Materialien mit dieser Eigenschaft ausgestattet werden könnten.
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Die Studie "Evidence for self-cleaning in gecko setae" von W. R. Hansen und K. Autumn erschien im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (Band 102, S.385-9, Ausgabe vom 11.1.05; doi: 10.1073_pnas.0408304102).
->   PNAS
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Kletterkünstler im Tierreich
Spinnen, Insekten und Geckos haben eines gemeinsam: Sie klettern ausgezeichnet, wenn nötig auch kopfüber.

Entgegen der häufig geäußerten Vermutung, dass die Tiere sich durch kleine Häckchen an Oberflächen festhalten, hat die biologische Forschung gezeigt, dass für ihre akrobatischen Fähigkeiten vielmehr physiko-chemsiche Kräfte verantwortlich sind.
Physikalisches Haftprinzip
 
Bild: PNAS

Bei Geckos ist dieses physikalische Haftprinzip folgendermaßen realisiert: Jeder ihrer Finger weist mehrere Millionen aus Keratin bestehende Borsten auf, die Zoologen "Setae" nennen.

Diese verzweigen sich wiederum in mehrere hundert, etwa 200 Nanometer große Substrukturen ("Spatulae"), die den Kontakt mit einer großen Bandbreite von Oberflächen herstellen.
->   Geckos bei Wikipedia
Der Trick: Oberflächenvergrößerung
Die somit extrem vergrößerte Oberfläche der Geckofinger führt zu einer Verstärkung der Adhäsion, welche die auf den Körper des Tieres wirkende Schwerkraft bei weitem übersteigt.

Mit anderen Worten: Geckos könnten auch ohne Probleme mit schwerem Rucksack kopfüber klettern. Wie Forschungen gezeigt haben, sind hierfür vor allem die so genannten Van-der-Waals-Kräfte verantwortlich.
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Van-der-Waals-Wechselwirkung
Die Van-der-Waals-Wechselwirkung tritt zwischen Atomen auf, die keine chemische Bindung eingehen. Ursache dieser Anziehungs- bzw. Abstoßungskräfte ist die elektrostatische Wechselwirkung der Elektronenwolken und der Kerne der Atome. Die typische Reichweite der Van-der-Waals-Wechselwirkung beträgt 0,4 Nanometer, sie wurde nach dem niederländischen Physiker und Nobelpreisträger des Jahres 1910, Johannes Diderik van der Waals, benannt.
->   Van-der-Waals-Bindung bei Wikipedia
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Wie reinigen Geckos ihre Füße?
W.R. Hansen und K. Autumn haben sich in ihrer Studie nun mit einer praktischen Frage beschäftigt: Wie halten die Tiere ihre Füße sauber?

Bekannt war bisher, dass Geckos weder ihre Extremitäten aktiv reinigen, wie das etwa bei manchen Käfern der Fall ist, noch Reinigungsflüssigkeiten sekretieren - eine Strategie, derer sich beispielsweise manche Ameisen, Grillen und Baumfrösche bedienen.
Acht Schritte -und der schmutz ist weitgehend weg
Bild: PNAS
Die Antwort auf diese Frage fanden die US-Forscher durch das Experiment: Dafür verwendeten sie standardisierten "Schmutz" aus kleinen Kiesel- bzw. Tonerde-Kügelchen, die sie auf die Füße von Geckos auftrugen.

Die Forscher beobachteten, dass die Extremitäten zunächst 60 Prozent ihrer Haftfähigkeit einbüßten, jedoch nach nur acht Schritten 36 Prozent derselben wieder erlangt hatten. Immerhin genug, um das eigene Körpergewicht mit nur einem Finger (bzw. einer Zehe) zu halten.
Selbstreinigung für Materialien der Zukunft
Versuche mit isolierten Setae zeigten, dass dies automatisch geschieht, die Borsten also offenbar zur Selbstreinigung fähig sind. Modelle der Forscher legen nahe, dass diese Fähigkeit von einem energetischen Ungleichgewicht zwischen den biologischen Nanostrukturen, Schmutzpartikeln und der Oberfläche herrührt.

Hansen und Autumn vermuten außerdem, dass künstliche Nanomaterialien der Zukunft ebenfalls mit dieser durchaus wünschenswerten Eigenschaft ausgestattet werden könnten.

[science.ORF.at, 4.1.05]
->   Lewis and Clark College
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Das Erfolgsgeheimnis von tierischen Kletterkünstlern (26.5.04)
->   Warum Spinnen an den Wänden laufen können (16.5.04)
->   Atomare Kraft lässt Geckos an der Wand haften (27.8.02)
->   Klettern mit dem Gekkomat (17.5.01)
 
 
 
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01.01.2010