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"Deep Impact": NASA will Kometen bombardieren  
  Die US-Weltraumbehörde NASA will erstmals das Innere eines Kometen erforschen und dazu ein Loch in den Himmelskörper "schießen". Am Mittwochabend startete kurz vor 20.00 Uhr (MEZ) in Cape Canaveral (Florida) ein Raumfahrzeug auf den 130 Millionen Kilometer langen Weg zum Kometen "Tempel 1".  
Hollywood lässt grüßen
Bild: NASA
Start von "Deep Impact"
Ein Raumfahrzeug rast auf einen Kometen zu und nimmt ihn unter Beschuss - mit einer Art Kanonenkugel, die ein riesiges Loch in den Schweifstern schlägt.

Es folgt eine Explosion aus Gestein, Eis und Staub, so zu sagen ein himmlisches Feuerwerk - genau passend zum 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag. Ein neuer Science-Fiction-Film? Keineswegs.
"Drehbuch" von Wissenschaftlern geschrieben
Das Script stammt nicht von einem Drehbuchschreiber, sondern von NASA-Wissenschaftlern, und nur der Titel ist aus Hollywood entliehen: "Deep Impact" in Anlehnung an das Leinwandspektakel über einen Kometen, der auf der Erde einzuschlagen droht.

Spektakulär ist auch das Vorhaben der NASA. 285 Millionen Dollar (etwa 218 Millionen Euro) kostet die Mission, die am Mittwochabend begonnen hat.
Komet "Tempel 1" soll Krater verpasst bekommen
Bild: NASA
Das Innenleben der Sonde
Gegen 20.00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit wurde in Cape Canaveral (Florida) ein Raumfahrzeug mit Hilfe einer Delta-Rakete auf den rund 130 Millionen Kilometer langen Weg zum Kometen Tempel 1 geschickt.

An Bord ist ein etwa kühlschrankgroßes kupfernes "Geschoss", das sich am 4. Juli in das "Herz" des kartoffelförmigen Kometen bohren und einen Krater von der Größe eines Stadions und der Tiefe eines mehrgeschossigen Hauses erzeugen soll.
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Bereits mehrere Sonden sind zu Kometen gestartet
Neben "Deep Impact" sind bereits mehrere Raumsonden zu Kometen gestartet. Zum ersten Mal hautnah an einem Kometen vorbei geflogen ist 1985 die sieben Jahre zuvor gestartete NASA-Sonde "ICE". Danach nahm sich "ICE" den Halleyschen Kometen zu, der 1986 das Ziel vieler Versuche war: Dazu gehörte außer den russischen "WEGA"-Sonden und den beiden japanischen Sonden "Susei" und "Sagigake" auch die europäische Sonde "Giotto".

Die Bilder und Daten von "Giotto" zeigten, dass Kometen sogar komplexe organische Moleküle enthalten. Die Sonde setzte ihre Reise zum Kometen Grigg-Skjellerup fort, dem sie sich 1992 bis auf 200 Kilometer näherte.
->   Detaillierte Informationen zum "Deep Impact"-Projekt der NASA
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Weltraumteleskope beobachten Aufprall
 
Bild: Karen J. Meech (2001)

Die Weltraumteleskope Hubble und Chandra werden genau beobachten, wie durch die Wucht des Aufpralls Materie aus dem Kern des im 19. Jahrhundert vom gebürtigen deutschen Astronomen Ernst Wilhelm Leberecht Tempel entdeckten Kometen ins All geschleudert wird.

Bild oben: Komet Tempel 1 wie er am 21. August 2000 aufgenommen wurde
Bord-Instrumente werden Steine und Gase analysieren
Auch Teleskopaugen des "Mutterraumschiffes" werden auf das Loch im Himmelskörper, der alle fünfeinhalb Jahre die Sonne umkreist, gerichtet sein, während Instrumente an Bord zugleich die Zusammensetzung der herausgewirbelten Gesteine, Eisbrocken und der freigesetzten Gase analysieren.

Die NASA-Wissenschaftler erhoffen sich davon wichtige Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren.
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Kometen - Zeitkapseln im Weltall
Schon seit Jahrtausenden beobachten Menschen fasziniert die Kometen, rätseln über die Bedeutung dieser Himmelskörper, die früher oft als Vorboten verhängnisvoller Ereignisse galten.

Für die Wissenschaft sind Kometen vor allem eines: Zeitkapseln, in denen möglicherweise die ursprünglichen Bausteine für unser Sonnensystem konserviert sind.

Was Astronomen bisher über die "schmutzigen Schneebälle" wissen, wie die Kometen wegen ihres Eis-, Staub- und Gesteinsgemischs genannt werden, beruht nur auf der Untersuchung der Oberfläche und insbesondere des Schweifs aus Gas und Staub bei früheren Missionen.
->   Mehr über Kometen in Wikipedia.de
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Gewaltige Explosion bei Kollision ...
Bild: NASA/Pat Rawlings
Die NASA-Animation zeigt, wie sich die Sonde dem Kometen annähern soll.
"Die Sache ist eigentlich ganz simpel. Willst Du wissen, was in einem Gegenstand steckt, dann bohrst oder hämmerst Du ein Loch und wirft einen Blick ins Innere", sagt Astronom Michael A'Hearn, Chefwissenschaftler des "Deep-Impact"-Projekts.

So soll denn das Raumfahrzeug am 3. Juli das rund 370 Kilo schwere "Projektil" aussetzen, das über Kameras sowie einen eigenen Navigator verfügt und sich direkt in die Bahn des etwa sechs Kilometer breiten Kometen steuern wird. Die Kollision am 4. Juli erfolgt nach den NASA-Plänen bei einer Geschwindigkeit von 10,2 Kilometern pro Sekunde. Die dabei frei gesetzte Energie entspricht etwa der von 4,4 Tonnen des Sprengstoffs TNT.
... dennoch keine gröberen Auswirkungen erwartet
Das klingt gewaltig, aber die NASA ist trotzdem wenig besorgt, dass der Kern des Kometen durch die Wucht auseinander brechen könnte: Dazu sei er zu weich. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Komet von seiner Bahn abkommt, wird als sehr gering eingestuft.

Schließlich, so sagt ein NASA-Wissenschaftler mit Blick auf die Größe des Geschosses und des Kometen, "ist es so, als ob eine Mücke auf einen Jumbo-Jet trifft".

Gabriele Chwallek, dpa/
science.ORF.at, 12.1.05
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01.01.2010