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Entwicklungsgene: Seeanemonen überraschend komplex  
  Eine höchst erstaunliche Vielfalt an speziellen Entwicklungs- und Signalgenen - so genannten Wnt-Genen - in Seeanemonen entdeckten Wissenschaftler der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit deutschen und US-amerikanischen Kollegen. Wnt-Gene spielen bei Entwicklungsvorgängen, aber auch bei der Krebsentstehung eine entscheidende Rolle.  
Die Gruppe von Genen, die mittlerweile in Familien und Unterfamilien eingeteilt wird, wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Sie erledigen wichtige Signalaufgaben in einem Organismus.
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Die Studie "Unexpected complexity of the Wnt gene family in a sea anemone" von Arne Kusserow et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 433, S.156-60, Ausgabe vom 13.1.05).
->   Original-Abstract in "Nature"
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Wichtige Signalmoleküle
"Wnt-Gene codieren für Signalmoleküle, die von einer Zelle ausgeschieden werden, um andere Zellen zu beeinflussen", sagte Bert Hobmayer vom Institut für Zoologie und Limnologie der Universität Innsbruck im Gespräch mit der APA. Die Moleküle binden sich dazu an die fremden Zellen und lösen dadurch verschiedene Vorgänge aus.
Funktion: Achsenbildung im Embryo
Bild: Nature
Das aktuelle "Nature"-Cover
Schon bei der ganz frühen Entwicklung von Organismen - quasi wenn sich der noch unförmige Zellklumpen zu formieren beginnt - sind Wnt-Gene von entscheidender Bedeutung.

Nicht zuletzt sorgen sie dafür, dass der sich entwickelnde Embryo weiß, wo vorne und hinten ist - Forscher bezeichnen dies als Achsenbildung.

Aber auch an der Organentwicklung sind Wnt-Gene beteiligt. Ist die Signalfunktion gestört, so kann Krebs entstehen. Somit ist die Wnt-Gruppe auch für die medizinische Forschung höchst interessant geworden.
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Wnt-Genfamilie
Die Wnt-Gene gehören zu einer Familie von Glykoproteinen mit mehr als 15 Mitgliedern in den Wirbeltieren. Der Name leitet sich aus dem so genannten Drosophila-Segmentpolaritäts-Gen wingless und seinem Gegenstück bei Wirbeltieren, integrated, ab. Wnts spielen eine wichtige Rolle bei der Polarisierung des Gewebes während der Embryonalentwicklung.
->   Mehr zu Wnt-Genen (Stanford University)
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Bisherige Meinung: Je komplexer, desto mehr Wnt-Gene
Bisher dachten Biologen, dass höher entwickelte Organismen auch die größere Vielfalt an Wnt-Genen haben müssten. Das wurde gestützt von den bisherigen Erkenntnissen, dass der Fadenwurm Caenorhabditis elegans fünf, die Fruchtfliege Drosophila sieben und der Mensch 19 derartige Gene besitzt.

Die Analyse der Seeanemone Nematostella vectensis hat nun alles über den Haufen geschmissen, es fanden sich nämlich nicht weniger als 13 Wnt-Gene.
->   Seeanemonen bei Wikipedia
Nachträglicher Gen-Verlust
Dabei gelten Seeanemonen - aus Sicht der Evolutionsforschung - als sehr ursprüngliche Tiere. Was aber noch mehr erstaunt, ist die Tatsache, dass die Forscher fast alle Familien an Wnt-Genen, die es beim Menschen gibt, auch bei der Anemone gefunden haben.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass der Mechanismus der Zellverständigung zur Entwicklung sehr alt ist. Es ist anzunehmen, dass die Zahl der Gene etwa bei Fadenwürmern oder Fruchtfliegen sozusagen im Nachhinein reduziert wurde.

[science.ORF.at/APA, 13.1.05]
->   Institut für Zoologie und Limnologie (Uni Innsbruck)
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->   Das Gen, das den Daumen macht (11.6.04)
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01.01.2010