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Elite-Uni: Gehrer verspricht Realisierung  
  Für eine rasche Realisierung einer Spitzenforschungseinrichtung für Graduierte plädiert nun auch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP). Nach der ersten Sitzung einer Arbeitsgruppe zum Thema "Elite-Uni" stelle "sich nicht mehr die Frage ob, sondern wie eine solche 'University of Excellence' realisiert werden soll". SPÖ und Grüne stehen dem Projekt nicht grundsätzlich negativ gegenüber, legen aber Wert darauf, dass die Finanzierung nicht zu Lasten der öffentlichen Unis gehen soll. Die ÖH spricht sich deutlich gegen die Elite-Uni aus.  
Realisierbarer Plan bis 30. Juni
Nun gehe es um eine schnelle Umsetzung, so Gehrer. Bis 30. Juni soll ein realisierbarer Plan mit Eckpunkten wie der Rechtsform, dem Namen, dem Standort, der Finanzierung und der Zusammenarbeit mit bestehenden Universitäten vorliegen.
"Finanzierung unabhängig von Uni-Budget"
Die Entwicklung dieser "University of Excellence" soll laut Gehrer gemeinsam mit den bestehenden Universitäten und die Finanzierung unabhängig von deren Budget, also mit "frischem Geld", sichergestellt werden.

Aufgabe der Arbeitsgruppe werde es sein, "Zusammenarbeitsmodelle mit den Universitäten und den Exzellenzzentren der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zu entwickeln".
"Leuchtturmfunktion"
Unter den Mitgliedern der Arbeitsgruppe bestehe Einigkeit, dass eine solche Einrichtung eine positive "Leuchtkraft" für die Forschung in Österreich hätte, betonte die Ministerin. "Die neue Einrichtung soll eine Leuchtturmfunktion haben, die über die österreichischen Grenzen hinausstrahlt", so Gehrer.
Mainoni: Keine Finanzierung aus bestehenden Budgets
Als "gute Grundlage, dieses Thema anzugehen", bezeichnete Forschungsstaatssekretär Eduard Mainoni (FPÖ) die jüngst fertig gestellte Machbarkeitsstudie zu einer Elite-Universität.

Für die Finanzierung einer derartigen "University of Excellence" dürfe ausschließlich frisches Geld herangezogen werden, wobei Industrie und Wirtschaft ihren Beitrag dazu leisten müssten. Eine Umschichtung des bestehenden universitären Budgets in Richtung Elite-Uni schloss Mainoni explizit aus.
Enge Vernetzung mit Unis unverzichtbar
Außer Frage steht für den Staatssekretär, dass es sich bei diesem Projekt um eine Postgraduale Elite-Einrichtung handeln werde. Eine enge Vernetzung mit bestehenden Unis sei unverzichtbar.

"Die grundlegende Voraussetzung für meine Zustimmung zur Spitzenuniversität besteht jedenfalls in der Chancengleichheit, wonach alle geeigneten Personen die Möglichkeit haben müssen, ein solches Institut besuchen zu können", so Mainoni.
Wettbewerb mit Deutschland und Tschechien
Er kündigte an, dass bereits "in Kürze" Gespräche mit Finanzminister Karl-Heinz Grasser geführt werden, um die Entstehungskosten, die mit rund 80 Millionen Euro beziffert werden, wie auch die laufenden Kosten von rund 70 Millionen Euro zu sichern.

Eine rasche Umsetzung dieses Projektes sei nötig, da Österreich im Wettbewerb mit anderen europäischen Staaten wie z.B. Deutschland und Tschechien stehe.
SPÖ: Zuerst "100 Millionen Euro-Notpaket" für Unis
Die SPÖ sei gegenüber einer international ausgerichteten Forschungseinrichtung durchaus aufgeschlossen, sagte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal. Bekenntnisse, den Unis kein Geld wegnehmen zu wollen, seien allerdings zu wenig.

Erst wenn die Forderung der Rektoren nach einem "100 Millionen Euro-Notpaket" für die bestehenden Universitäten erfüllt sei und die zusätzlich für die Sanierung der Universitätsgebäude dringend benötigten 600 Millionen Euro am Tisch liegen, könne man an das Projekt einer Elite-Uni glauben, so der Mandatar.
Grüne: Geld "wird Universitäten abgehen"
Ähnlich argumentierte der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. Den Universitäten würde derzeit ebenso Geld fehlen wie dem für die Grundlagenforschung zuständigen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF). Dieser könne aus Geldmangel nur mehr 20 Prozent aller positiv bewerteten Forschungsprojekte bewilligen.

Angesichts dieser Tatsachen müsse man sich fragen, woher denn das zusätzliche Geld für eine Eliteuniversität kommen solle. Selbst bei teilweiser Fremdfinanzierung werde das Geld den Universitäten abgehen und dies könne nur zu einer Verschlechterung der ohnehin oft tristen Situation an den Universitäten führen.
ÖH klar gegen Elite-Uni
Klar gegen die Errichtung einer Elite-Unis sprach sich Barbara Wittinger vom Vorsitzendenteam der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) aus. Abgesehen von der Frage der Finanzierung würden in dieser Debatte ganz offen "die Prinzipien unserer Gesellschaft in Frage gestellt". "Das System der Elite-Unis baut auf Zugangsbeschränkungen auf.

Man trennt also die 'guten' von den 'schlechten' Studierenden", so Wittinger. Wer an den Unis die Klassengesellschaft einführe, mache auch vor der Gesellschaft nicht halt.
Massive Kritik an Häupl
Anstatt einer privaten Elite-Uni "das Geld in den Rachen zu stopfen", sollten die öffentlichen Unis ausreichend finanziert werden, sagte die Vorsitzende des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), Andrea Brunner.

Sie kritisierte namentlich auch den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), dieser habe einen Beschluss des Landesparteitages zur Ablehnung von Elite-Unis gebrochen. "Häupl lässt sich da vor einen konservativen Karren spannen" so die VSStÖ-Vorsitzende. Häupl war von 1975 bis 1977 selbst Vorsitzender des VSStÖ.

[science.ORF.at/APA, 18.1.05]
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01.01.2010