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"Verkleidungstricks" von Meeresbewohnern  
  Ganz gezielt und nur vorübergehend legen einige Meerestiere eine Tarnkleidung an, wenn sie daraus Vorteile für sich ziehen können. Männliche Riesentintenfische etwa verkleiden sich als Weibchen, um ihre Fortpflanzungschancen zu erhöhen.  
Räuberische Schlangengrundeln (Plagiotremus rhinorhynchos) hingegen tarnen sich im Korallenriff gelegentlich als harmlose Putzerlippfische (Labroides dimidiatus) und greifen mit Hilfe dieser Tarnung andere Riff-Fische an, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt "Nature".
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Zu diesem Thema erschienen in "Nature" (Band 433, Ausgabe vom 20.1.05) zwei Studien: "Choosing when to be a cleaner-fish mimic" (S. 211-212) von Isabelle M. Cote und Karen L. Cheney sowie "Transient sexual mimicry leads to fertilization" von Roger T. Hanlon et al. (S.212).
->   Nature
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Männliche Tintenfische "verkleiden" sich als Weibchen
Normalerweise ist das Anlegen einer Tarn- oder Warntracht, auch Mimikry genannt, unter Tieren ein dauerhafter Zustand, der sie das ganze Leben oder zumindest bestimmte Entwicklungsphasen lang begleitet.

Die kleineren Männchen der Australischen Riesentintenfische (Sepia apama) hingegen tarnen sich nur vorübergehend als Weibchen, um trotz größerer und angriffslustiger Konkurrenten bei der Paarung zum Zug zu kommen:

Scheinbar desinteressiert schwimmen sie neben einem paarungswilligen Tintenfisch-Pärchen her. Wird das größere Männchen abgelenkt, nutzen sie ihre Chance und nähern sich an das ansonsten streng bewachte Weibchen an.
->   Mimikry bei Wikipedia
Hohe Erfolgsrate
In drei von fünf Fällen, die die Wissenschaftler um Jon Havenhand von der Flinders University (Australien) beobachteten, führte diese Strategie zum Erfolg: Die "Tuntenfische" konnten die Weibchen besamen. Nachfolgende Untersuchungen zeigten, dass zwei Drittel der so erfolgten Besamungen auch zur Befruchtung der Eier führten.
Täuschung führt zu Chaos bei Begattungen
Zur Tarnung verstecken die Tintenfische ihren typisch männlichen Fangarm, verleihen ihrer Haut ein weibliches Sprenkelmuster und nehmen zudem eine Art "Eiablege-Stellung" ein. Allerdings löst das Verhalten in der Tintenfisch-Gesellschaft ein ganz schönes Durcheinander aus:

So wurde das als Weibchen getarnte Männchen seinerseits von Männchen "angemacht", und zwar sowohl von großen als auch von kleinen. Darunter wiederum waren einige, die sich selbst als Weibchen getarnt hatten: ein Betrüger versucht also einen Betrüger zu betrügen.
Aggressive Mimikry im Riff
Einen anderen Grund für die Tarnung haben die blau gestreiften Schlangengrundeln vor den Küsten Indonesiens. Sie wechseln ihr Outfit schlagartig, um leichter an Beutetiere zu gelangen. Das berichten Karen Cheney und Isabelle Cote von der University of East Anglia in Norwich (Großbritannien).

In Anwesenheit junger Putzerlippfische ahmen die Schlangengrundeln Farbe und Musterung dieser harmlosen Riffbewohner nach.

Sie mischen sich dann unter einen Schwarm dieser Tiere, die Parasiten von der Haut größerer Fische abfressen, und attackieren aus dem Schwarm heraus andere Fische. Mit ihren scharfen Zähnen reißen sie kleinere Gewebestücke und Schuppen aus ihnen heraus.
Mechanismus des "Kleiderwechsels" unbekannt
In Abwesenheit von Putzerlippfischen sind die Schlangengrundeln hingegen auf die Tarnung nicht angewiesen. Sie nehmen ihre herkömmliche olive-bräunliche oder orange Färbung an und verstecken sich hinter Schwärmen anderer Fische, um von dort aus ihre Angriffe zu starten.

Wie sie schlagartig ihre Farbtracht ändern können, ist bisher nicht bekannt, schreiben die Wissenschaftler.

Anja Garms, dpa, 20.1.05
->   Flinders University
->   University of East Anglia
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01.01.2010