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Symposium: Strategien der molekularen Medizin  
  Wirksamere Medikamente, weniger Nebenwirkungen und die Identifikation jedes Schrittes, der beim Menschen zur Krankheit führt - das ist der Traum, den die Molekularbiologie in der Medizin verwirklichen will.  
"Wir benötigen in der molekularen Medizin eine Integration aller Verfahren wie Proteomik (Eiweiß-Forschung, Anm.), Systembiologie, Nanotechnologie etc.", erklärte beim internationalen Symposium der österreichischen Proteomik-Plattform der neue Chef des in Wien entstehenden Centrums für Molekulare Medizin (CEMM), Giulio Superti-Furga.
Viele offene Fragen
Bedarf an neuen Erkenntnissen ist sozusagen in rauen Mengen vorhanden. Der Wissenschaftler: "40 Prozent unserer heutigen Medikamente wurden ursprünglich für ganz andere Anwendungsgebiete entwickelt. Auch bei weltweit sehr häufig benutzten Medikamenten ist oft der Wirkungsmechanismus noch nicht bekannt. In Österreich sind drei bis fünf Prozent der Spitalsaufnahmen durch Arzneimittel-Nebenwirkungen bedingt."
Vom Genom zum Medikament
Doch die Methoden der modernen Molekularbiologie bieten erstmals die Möglichkeit, von Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten ein detailliertes und rationales Bild zu bekommen.

Superti-Furga: "Wir können untersuchen, wie das Genom kontrolliert wird. Wir sind im Stande, die Netzwerke zwischen Umwelteinflüssen und Genetik darstellen und so zu neuen Behandlungsstrategien kommen."

Ein Weg zu neuen Erkenntnissen ist beispielsweise die Erforschung, wie ein bekanntes Medikament bei einer Erkrankung wirkt. Das kann schließlich auch zur Identifizierung von neuen Zielen für Arzneimittel führen.
"Proteine sind sozial"
Die Angelegenheit ist allerdings höchst komplex und vielschichtig. Der CEMM-Chef: "Proteine sind sozial. 80 Prozent kommen in den Zellen als Komplexe mit anderen Eiweißstoffen vor. 40 Prozent von ihnen wiederum kommen in mehr als einer Form vor."
Ein Mechanismus - viele Leiden
Das führt aber auch zur Erkenntnis, dass viele Krankheitsmechanismen nicht nur für ein Leiden verantwortlich sind, sondern bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen eine Rolle spielen.

Superti-Furga: "Entzündungen zum Beispiel sind an rheumatischen Erkrankungen genau so beteiligt wie an Krebs oder Atherosklerose (Gefäßverkalkung, Anm.)." Zusätzlich gibt es dabei einen Zusammenhang mit dem Immunsystem.

Das Wissen über solche Netzwerke kann laut dem Experten schon auf relativ einfache Weise zur Entdeckung neuer Behandlungsmöglichkeiten führen: "So kommt man zu neuen Anwendungsgebieten für längst bekannte Arzneimittel ."
Anti-Epileptikum als Analgetikum
Ein Beispiel aus dem von Superti-Furga mitbegründeten Biotech-Unternehmen Cellzome: Die Wissenschaftler entdeckten, dass das Anti-Epileptikum Retigabine an dem von Josef Penninger und seiner Gruppe (jetzt Institut für Molekulare Biotechnologie, IMBA/Wien) entdeckten Protein DREAM bindet. Dieses Eiweiß ist wichtig für die Schmerzempfindung.

Nur Patentschutz-Angelegenheiten hinderten die Wissenschafter daran, aus Retigabine auch ein Analgetikum zu machen.

[science.ORF.at/APA, 26.10.05]
->   Forschungszentrum für Molekulare Medizin (ÖAW)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Symposium zum Thema Proteomics (25.1.05)
->   Das Stichwort Proteom im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010