News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Schwarmbildung ganz simpel  
  Vögel, Fische oder Bienen bewegen sich gerne in Schwärmen: "Super-Organismen", die sich völlig synchron verhalten und schlagartig ihre Richtung ändern können. Für das Zustandekommen dieser komplexen Gebilde wurden bisher ebenso komplexe Erklärungen herangezogen. Eine PC-Simulation schlägt nun ein einfache Lösung vor: Ihr zufolge reicht eine gleich bleibend kleine Menge von Individuen aus, um einen riesigen Schwarm zu lenken.  
Von den verblüffend einfachen Antworten auf eine schwierige Frage der Verhaltensforschung berichten der Evolutionsbiologe Iain Couzin von der University of Princeton und sein Team in der aktuellen Cover-Story von "Nature".
...
Die Studie "Effective leadership and decision-making in animal groups on the move" ist in "Nature" (Bd. 433, S. 513, Ausgabe vom 3.2.05) erschienen.
->   Original-Abstract in Nature
...
Zwei Faktoren: Schutz und Minorität
Bild: Nature
Nature-Cover
An echten Tieren haben sich die Forscher zwar bisher noch nicht versucht, aber das von ihnen entwickelte Modell gibt erstaunliche Aufschlüsse.

Es reduziert die vermeintliche Komplexität der Informationsweitergabe innerhalb großer Schwärme auf zwei Faktoren: erstens auf den Wunsch der Individuen, im Schutz des Verbands zu bleiben, ohne aber zu kollidieren.

Und zweitens auf den Instinkt einiger weniger Exemplare auf Basis eigener Informationen, eine bestimmte Richtung einzuschlagen - etwa wegen einer vermeintlichen Futterquelle.
Wenige Tierchen reichen aus
Genau mit diesen zwei Eigenschaften wurden die simulierten Tierchen programmiert: die große Mehrheit Schutz suchend, eine kleine Minderheit - die "decision maker" - mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein - wobei dies in Balance auch zu ihrem Wunsch stand, im Schwarm zu bleiben.

Die darauf aufbauenden Simulationen ergaben immer das gleiche Bild: Die wenigen Individuen mit einem klaren Ziel reichten aus, um den gesamten Schwarm in die gleiche Richtung zu bewegen.
Gilt auch bei großen Schwärmen
Und dies war auch der Fall, wenn der Verband größer wurde. Stieg die Schwarmgröße von zehn auf 200 an, so blieb die Anzahl der "informierten Individuen" gleich - proportional nahm sie also dramatisch ab.

Die Forschergruppe um Couzin geht davon aus, dass etwa fünf Prozent eines Bienenschwarms ausreichen, um die eingeschlagene Richtung vorzugeben.
Mehrheit der Minderheit entscheidet
In einem weiteren Schritt führten die Forscher zwei Subgruppen an Individuen ein, die in verschiedene Richtungen tendierten. Dabei zeigte sich, dass der Schwarm immer der größeren der beiden Subgruppen folgte - auch wenn der Unterschied zwischen ihnen nur ein einziges Individuum betrug.
...
Möglicher Einsatz bei Robotern
Die Erforschung von Schwarmverhalten in der Natur ist seit geraumer Zeit ein "hot topic" in der Entwicklung neuer Technologien, speziell im Nano-Bereich. Couzin arbeitet in Princeton mit Roboter-Experten zusammen. Sein Computermodell könnte auch die kollektive Intelligenz von Roboter-Schwärmen erhöhen, hofft er.
->   SwarmWiki
...
Nicht direkt auf Menschen umzulegen
Und auch zu Experimenten mit jenen Tieren, die er bisher nur simuliert hat, möchte er in Zukunft übergehen - und die Resultate an Fischen und anderen verifizieren.

Dass die Ergebnisse der Studien nicht direkt auf menschliches Verhalten umgelegt werden können, ist für ihn klar. Menschen, so verriet er dem Online-Dienst von "Nature", verfügen im Gegensatz zu simulierten Tieren über die Fähigkeit der Sprache - "und sie benutzen sie auch".

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 4.2.05
->   Princeton University
->   So kommt es zum Schwarmverhalten (wdr.de)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010