News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Je später im Wettbewerb, desto besser die Benotung  
  Gleichgültig ob Eurovision Song Contest oder Eiskunstlauf-Meisterschaften: Zumeist werden jene Teilnehmer besser benotet, die mit hinteren Startnummern in den Wettbewerb gehen. Eine US-Psychologin hat untersucht, warum das so ist - und eine Wettbewerbsverzerrung geortet, die nicht aufzuheben ist.  
Von ihren Ergebnissen berichtet Wändi Bruine de Bruin von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh im Fachjournal "Acta Psychologica".
...
Die Studie "Save the last dance for me: unwanted serial position effects in jury evaluations" erscheint in "Acta Psychologica" (Bd. 118, S. 245, März 2005).
->   Abstract in Acta Psychologica
...
Erforschung menschlicher Entscheidungsfindung
Wändi Bruine de Bruin widmet sich dem noch relativ jungen Forschungszweig menschlicher Entscheidungsfindung. In ihrer jüngsten Publikation hat sie sich dabei zwei besonderen Situationen gewidmet: Der Vergabe von Punkten durch eine Jury sowohl beim europäischen Schlagerwettbewerb als auch bei Welt- und Europameisterschaften im Eiskunstlauf.

Bei beiden Situationen zeigt sich ein deutliches Bias: Je höher die Startnummern, desto besser fiel die Bewertung aus. Und das gleichgültig, ob die Jury unmittelbar nach jedem einzelnen Konkurrenten Punkte vergibt wie beim Eiskunstlauf ("Schritt für Schritt") oder erst am Ende der Veranstaltung - wie beim Gesangswettbewerb.
"Schritt für Schritt" trotz Gesamtrückschau
Diese Rückschau auf die gesamte Veranstaltung fordert das Gedächtnis mehr und sollte - so eine nahe liegende Annahme - eigentlich zu einer größeren Ausgewogenheit und Objektivität in der Beurteilung führen.

Tut es aber nicht: Die Bewertungen der hinteren Startnummern werden auch in diesem Fall immer besser. Laut de Bruin ist dies darauf zurückzuführen, dass auch in der Rückschau eines Bewerbes "Schritt für Schritt" entschieden wird.
Richtung von Vergleichseffekten
Die Ursachen dafür sind nicht ganz klar. Laut de Bruin könnte es daran liegen, dass es eine Art "Richtung von Vergleichseffekten" gibt, die bei der intensiven Suche nach Unterschieden der Konkurrenten durch die Juroren entsteht.

Wenn alle Teilnehmer eines Wettbewerbs über eine ähnliche - hohe - Qualität verfügen wie bei Weltmeisterschaften, würde jede einzigartige Eigenschaft hervorstechen und als positiv beurteilt werden. Das würde im Vergleich die Nachfolgenden bevorzugen.
Wettbewerbsverzerrung nur gerecht zu verteilen
Nun kann man beim Eurovision Song Contest möglicherweise daran zweifeln, ob die Teilnehmer alle über ein ähnliches und ähnlich hohes Niveau verfügen. Erstaunlich bleibt aber, dass in beiden untersuchten Settings das Resultat - die Bevorzugung späterer Starter - bestehen bleibt.

Gerechtigkeit ist auf diesem Weg auch nicht zu erzielen, meint de Bruin. Durch Zufallsverteilungen der Startnummern könnte die Wettbewerbsverzerrung zwar "gerecht" verteilt, aber nicht aus der Welt geschaffen werden.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 14.2.05
->   Wändi Bruine de Bruin
->   Eurovision Song Contest
->   Weltverband Eiskunstlauf
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010