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Stammzelltherapie kann Schmerzzustände auslösen  
  Stammzellen können sich in verschiedene Gewebstypen differenzieren, weswegen sie für Therapien besonders interessant sind. Genau diese Eigenschaft kann aber auch zu schweren Nebenwirkungen führen.  
Konkret kann Stammzelltherapie bei der Behandlung von Rückenmarksverletzungen unkontrolliertes Wachstum von Schmerzfasern auslösen.

Dies ergab eine Studie, welche der am Karolinska Institut in Stockholm (Schweden) arbeitende Österreicher Christoph Hofstetter soeben veröffentlichte.
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Die Studie "Allodynia limits the usefulness of intraspinal neural stem cell grafts; directed differentiation improves outcome" von Christoph Hofstetter et al. wurde am 13.2.05 auf der Website des Fachjournals "Nature Neuroscience" (doi:10.1038/nn1405) veröffentlicht.
->   Zum Original-Abstract
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Stammzellen gegen Lähmungen
Versuche, Rückenmarkverletzungen mit verschiedenen Arten von Stammzellen zu behandeln, gibt es seit Jahren. "Die Ergebnisse im Tierversuch mit experimentellen Rückenmarksläsionen sind vielversprechend", sagte Hofstetter gegenüber der APA.

So hätten zahlreiche Forschergruppen nachgewiesen, dass die Transplantation von Stammzellen etwa das Vermögen zu gehen von gelähmten Tieren teilweise wiederherstellen konnte.
Mechanismen weitgehend unbekannt
Die Mechanismen, auf welche Weise transplantierte Stammzellen die Heilung der Verletzungen verbessern, sind dagegen wenig erforscht. Auch mögliche Nebenwirkungen von Transplantationen sind laut dem Forscher unzureichend bekannt.

"Trotzdem werden schon heute in Ländern wie China und Russland, unter unkontrollierten Bedingungen, verschiedene Zelltransplantate am Menschen erprobt", bemängelte der Wissenschaftler.
Stammzellen regenerieren Nervenisolierung
In von Hofstetter und seinem Team am Karolinska Institut durchgeführten Tierversuchen sind die Forscher den heilenden Mechanismen der Stammzelltherapie von Rückenmarkverletzungen ein Stückchen näher gekommen.

So konnten sie zeigen, dass transplantierte Stammzellen zu Grunde gegangene so genannte Oligodendrozyten ersetzen. Diese haben die Aufgabe, die eigentlichen Nervenfasern elektrisch zu isolieren und so im wahrsten Sinne des Wortes Kurzschlüsse zu verhindern.

Dies führte zu verbessertem Gangvermögen der Nager und auch zu besseren sensorischen Funktionen unterhalb der Verletzung.
->   Oligodendrozyten bei Wikipedia
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Reaktion im Gehirn
Die teilweise Heilung der sensorischen Funktion konnte zum ersten Mal mit funktionellen Magnetresonanzstudien dargestellt werden. Diese Technik macht Gehirnaktivierung als Antwort auf sensorische Stimulierung der unteren Extremität sichtbar.
->   Funktionelle Magnetresonanztomografie bei Wikipedia
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Nebenwirkung: Auch Astrozyten gebildet
Transplantierte Stammzellen bildeten aber nicht nur Oligodendrozyten, sondern auch sternförmige Stützzellen, auch Astrozyten genannt. Diese Zellen produzieren Wachstumsfaktoren, welche etwa das Auswachsen von Nervenfasern stimulieren.

Entgegen der bisherigen Lehrmeinung führte das Auswachsen von Nervenfasern in den Experimenten jedoch nicht zur Erholung der Tiere, sondern zum chronischen Schmerzzustand der oberen Extremität.
Schwere Schmerzzustände ausgelöst
Berührung und Wärme-Stimulation der Vorderbeine lösten schwere Schmerzzustände aus, ein Zustand welcher auch Allodynie genannt wird. Wie sich herausstellte, stimulierten transplantierte Zellen, welche Astrozyten bildeten, das unkontrollierte Auswachsen von Schmerzfasern.
Gen-Trick als Gegenmittel
Die Wissenschaftler fanden aber auch eine mögliche Lösung für diese Nebenwirkung. Ein Gen, das die Differenzierung von Stammzellen steuert, wurde vor der Transplantation in die Zellen eingeschleust.

Dieses Gen ("Neurogenin2") verhindert bei der Trägerzelle die Ausdifferenzierung zu einem Astrozyt. Versuchsweise Transplantationen mit diesen genetisch modifizierten Stammzellen zeigten, dass die Nebeneffekte tatsächlich ausblieben.
Warnung vor wilden Transplantationen
"Diese neuen Resultate zeigen, dass die Wiederherstellung der Isolierung von Nervenfasern ein wichtiger Bestandteil von neuen Behandlungen von Rückenmarksverletzungen sein sollte. Vor Transplantation mit 'wilden' Stammzellen muss jedoch gewarnt werden", betonte Hofstetter. Dabei könnten sich chronische Schmerzzustände einstellen.

science.ORF.at/APA/14.2.05
->   Karolinska Institut
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Stammzelltherapie
 
 
 
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01.01.2010