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Wie sich Eukalyptus gegen hungrige Koalas schützt  
  Koalas gelten als die Gourmets unter den Pflanzenfressern: Sie ernähren sich so gut wie ausschließlich von Eukalyptus-Blättern, und selbst davon fressen sie nicht alles. Australische Forscher haben nun herausgefunden, dass eine spezielle Gruppe sekundärer Stoffwechselprodukte von Pflanzen die Menuauswahl der Koalas maßgeblich beeinflusst. Ihre Schlussfolgerung: Die Essgewohnheiten der Tiere stimulieren die Diversität der Pflanzen.  
In ihrer Versuchsanordnung mit fünf erwachsenen Koala-Bären stellten die Wissenschaftler von der Australian National University in Canberra und der University of Melbourne fest, dass die Tiere mit ihrem fein ausgeprägten Sensorium sehr genau zwischen verschiedenen Eukalyptus-Arten auswählen.

Die Pflanzen stehen daher vor der Herausforderung, möglichst effektive Abwehrmechanismen zu entwickeln.
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Die Studie "Eucalyptus foliar chemistry explains selective feeding by koalas" von Ben D. Moore und Kollegen wurde am 16. Februar 2005 im Rahmen der "Proceedings of the Royal Society: Biology Letters" online veröffentlicht (DOI:10.1098/rsbl.2004.0255).
->   Proceedings of the Royal Society: Biology Letters
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Koala: Gourmet unter den Blätterfressern
Bild: epa
Der Koala (Phascolarctos cinereus) gehört zu den Spezialisten unter den Blattessern: Er kennt genau seine Lieblingssorten unter den Eukalyptus-Bäumen und nimmt davon nur ausgewählte Blätter zu sich.

Innerhalb eines begrenzten Gebietes werden in der Regel nicht mehr als zwei bis drei Eukalyptus-Sorten zur Nahrungsaufnahme genutzt.

Ein erwachsener Koala benötigt pro Tag rund 600 bis 1.200 Gramm Blätter.
->   Mehr über Koalas bei Wikipedia.de
Komplexe Abwehrstrategien der Pflanzen
Aber nicht nur die pelzigen Tierchen sind hochspezialisiert, auch ihre Nahrung setzt sich mit komplexen Mechanismen gegen die Fress-Attacken zur Wehr: So verfügen die einzelnen Eukalyptus-Arten über jeweils verschieden hohe Konzentrationen von chemischen Substanzen, die den Koalas den Appetit verderben sollen.
FPCs sollen Koalas den Appetit verderben
Wie Ben Moore und seine Kollegen berichten, könnten so genannte FPCs ("Formylated Phloroglucinol Compounds") entscheidend für die Vorlieben der Koalas sein. Sie gehören zur Gruppe der sekundären Metaboliten von Pflanzen. Die australischen Zoologen wussten schon vor ihrer Arbeit mit den Koalas, dass weniger spezialisierte Blattesser FPCs so weit als möglich vermeiden.
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FPCs können Brechreiz auslösen
Vier Stoffe gehören zu den FPCs: Macrocarpal, Euglobal, Sideroxylonal und Jensenal. Sie können Brechreize auslösen, weshalb die Vermutung nahe liegt, dass Blattfresser sie möglichst vermeiden.

Die Wissenschaftler testeten, ob Koalas besondere Abneigungen für einen Stoff oder für eine Mischung aus mehreren FPCs zeigen. Sie gaben ihnen deshalb sowohl Honig-Eukalyptus (Eucalyptus melliodora), der sich durch einen besonders hohen Sideroxylonal-Gehalt auszeichnet, zu fressen als auch die Eukalyptus-Arten Eucalyptus globulus, Eucalyptus viminalis, Eucalyptus ovata und Eucalyptus strzeleckii.
->   Eukalyptus bei Wikipedia.de
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Zusammenhang zwischen Fressverhalten und FCPs bestätigt
 
Bild: epa

Es zeigte sich, dass die Koalas zwar von den Arten "E. viminalis", "E. globulus" und "E. mellidora" aßen, ihnen die Arten "E. ovata" und "E. strzeleckii" aber besonders schmeckten.

Der Zusammenhang mit den FPCs war eindeutig: Zu den ersten drei Eukalyptus-Arten griffen die Bären nur, wenn der FPC-Gehalt vergleichsweise niedrig war. Von den letzten beiden bevorzugten sie eindeutig die Kategorie "E. ovata", die im Unterschied zum "Eucalyptus strzeleckii" kein Jesenal enthält.

Bild oben: Zum Ausruhen und Schlafen zieht es Koalas ab und zu auch auf andere Bäume. In diesem Fall wurde ein Straßenschild zur bequemen Sitzgelegenheit.
Auch andere Stoffwechselprodukte könnten Rolle spielen
Das ganze Geheimnis des Speiseplans der Koalas hätten sie damit aber nicht gelüftet, schreiben die australischen Zoologen in ihrem Aufsatz. Es könnten auch noch andere sekundäre Stoffwechselprodukte von Pflanzen eine Rolle spielen.
Bäume müssen Verteidigungsstrategien überprüfen
Dass aber die vier untersuchten FPCs in verschiedensten Konzentrationen und Mischungen in Eukalyptus-Bäumen vorkommen, bestätigt für die Wissenschaftler eine andere These: Koalas setzen Eukalyptus-Bäume unter großen Druck, ihre Verteidigungsmechanismen ständig gegen die "fressende Bedrohung" zu aktualisieren und neue Mischverhältnisse zu kreieren.

Ben Moore und Kollegen vermuten deshalb, dass die Eukalyptus-Arten "E. ovata" und "E. strzelleckii" ursprünglich nur eine Kategorie bildeten. Mit dem "Eucalyptus strzelleckii" bildete sich eine eigene Art heraus, die sich durch ihre FPCs im Unterschied zum "E. ovata" besser gegen den Appetit der Koalas schützen kann.

[science.ORF.at, 15.2.05]
->   Australian National University
->   University of Melbourne
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01.01.2010