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Neues Leben für das legendäre Marschland im Irak  
  Knapp zwei Jahre nach dem Sturz von Saddam Hussein füllt sich das legendäre Marschland an Euphrat und Tigris langsam wieder mit Leben. Hussein hatte die mesopotamischen Sümpfe systematisch austrocknen lassen.  
Seit den 1950er Jahren, vor allem aber unter seinem Regime, degenerierte der paradiesische Landstrich in Iraks Süden, der allgemein als "Garten Eden" und "Wiege der westlichen Zivilisation" gilt, zu einer unfruchtbaren Region mit salzverkrusteten Böden und Wüstencharakter.
Seen und Dämme zerstörten 90 Prozent
Heute sind rund 90 Prozent der Marschökologie zerstört, stellte ein internationales Forscherteam bei Untersuchungen fest. Die Anlage von Seen im Irak und fast drei Dutzend mächtige Dämme in den Zwillingsströmen hätten das Wasser über Jahrzehnte abgezogen.
Für die Versorgung der Städte
Saddam habe das ökologische Reservoir außerdem für den Zugang zur Grenze zu Iran und die Versorgung der Städte geopfert, berichteten die Experten, die mit der Regierung in Bagdad sowie mit Forschern in Basra zusammenarbeiten, in Washington.

Dort ging am Montag der weltgrößte Wissenschaftskongress zu Ende, ausgerichtet von der amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (AAAS).
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Das AAAS Annual Meeting fand heuer vom 17.-21. Februar statt.
->   AAAS Annual Meeting 2005
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Bestrafung der Schiiten
Vor allem aber habe Saddam die Schiiten in der Region strafen wollen, die sich seinem Regime widersetzten, betont das Team.

Er grub den "Marsch-Arabern", deren Vorfahren sich schon vor 5.000 Jahren vom Fischfang in den Sümpfen ernährt hatten, buchstäblich das Wasser und damit die Existenzgrundlage ab, sagte der US-Experte für Wassergewinnung, Peter Reiss, auf dem AAAS-Kongress. Heute sind nur noch sieben Prozent des Sumpfgebietes ökologisch intakt.

Das berichten Richardson, Reiss, Najah Hussain von der Universität Basra und der Exil-Iraker Azzam Alwash aus Washington auch im Wissenschaftsjournal "Science" dieser Woche.
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Der Artikel " The Restoration Potential of the Mesopotamian Marshes of Iraq" erscheint in "Science" (Bd. 307, S. 1307, Ausgabe vom 25. Februar 2005).
->   Science
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Bevölkerung riss nach Husseins Sturz Dämme ein
Nach Saddams Sturz riss die Bevölkerung seine Dämme ein. Dadurch steht heute etwa ein Fünftel der Sümpfe wieder unter Wasser. Nach und nach kommen die heimischen Arten zurück, Pelikane, Kormorane, Reiher, Otter sowie Wasserbüffel und Wildschweine, sagt Curtis Richardson von der Duke Universität (North Carolina).

"Gleich nach dem Krieg konnten wir die Vögel an einer Hand zählen. Heute sind es wieder Hunderte, Tausende."
Kontrollierte Überflutungen ...
Richardsons Team will dem Irak helfen, von dem knapp 15.000 Quadratkilometer großen Marschland zu retten, was zu retten ist. Trotz der enormen Verluste habe der "Garten Eden" bessere Chance zu gesunden als gedacht, heißt es.
... sollen Paradies wiederbeleben
Kontrollierte Überflutungen sollen ihn in jene Oase zurückverwandeln, die er über Jahrtausende war: für heimische Tierarten und für Zugvögel auf dem Weg von Sibirien nach Afrika. Auch seine Funktion als Filter für Euphrat und Tigris dürfte das Sumpfgebiet bald wieder erfüllen.

Auch politisch hat das Projekt Bedeutung. "Die Vertreibung der Marsch-Araber war eng mit dem Saddam-Regime verknüpft. Sie war ein Sinnbild seiner Unterdrückung", sagt der Wasserforscher Peter Reiss zum Schicksal der 100.000 bis 125.000 Ureinwohner.

Gisela Ostwald/dpa
science.ORF.at, 21.2.05
->   Mesopotamian Marshlands (UNEP)
->   Eden Again
Mehr über das irakische Marschland in science.ORF.at:
->   Bauern des mittleren Ostens "zivilisierten" Europa (6.8.02)
->   Zerstörte ein Meteorit das Großreich der Akkader? (8.11.01)
 
 
 
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01.01.2010