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Virologen: AIDS in Österreich zu spät erkannt  
  Aktuelle Untersuchungen von Fachleuten des Instituts für Virologie der Uni Wien zeigen, dass die meisten der HIV-Infektionen in Österreich erst mit erheblicher Verzögerung erkannt werden.  
Außerdem habe sich im Jahr 2004 die Zahl der neuen Infektionen erhöht, berichtet Elisabeth Puchhammer-Stöckl in der neuesten Ausgabe der Virusepidemiologischen Information des Instituts.
"Zunehmende Sorglosigkeit"
Die jährliche Zusammenfassung der HIV-Daten in Österreich zeigt, dass im Jahr 2004 die Anzahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus im Vergleich zu den Vorjahren wieder erhöht war. "Diese jährlichen Anstiege sind zwar nicht dramatisch, beruhen aber wahrscheinlich doch auf der stetig zunehmenden Sorglosigkeit im Hinblick auf das Risiko einer HIV-Infektion", schrieb die Expertin.

Insgesamt sind bis 1. Februar 2005 in Österreich 2.408 AIDS-Erkrankungen registriert worden. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf bisher 1.386.
Frühe Diagnose medizinisch wichtig
Allerdings, sowohl für eine rechtzeitige Behandlung, wenn sich die Immunsituation verschlechtert, als auch für eine Verhinderung weiterer Infektionen wäre es wichtig, dass die Betroffenen HIV-Positiven auch von ihrer Infektion etwas wissen. Deshalb wäre eine möglichst frühzeitige Diagnose wichtig.
Frische Infektionen nachgewiesen
Die Expertin: "Im letzten Jahr haben wir versucht herauszufinden, wie häufig in Österreich bereits frühzeitig, innerhalb der ersten Monate nach dem Infektionszeitpunkt, HIV-Infektionen diagnostiziert wurden. Wir haben zu diesem Zweck Erstdiagnoseseren aus den letzten Jahren auf das Vorhandensein niedrig 'avider' HIV-Antikörper untersucht."
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Aviditätstest gibt Aufschluss
"Diese noch nicht so stark an das Antigen (Virusbestandteil, Anm.) bindenden Antikörper sind nur innerhalb der ersten sechs Monate nach einer erfolgten Virusinfektion nachweisbar. Mit dieser so genannten Aviditätstestung kann man also mit hoher Wahrscheinlichkeit frische Infektionen innerhalb der letzten sechs Monate von länger zurückliegenden Virusinfektionen unterscheiden", so Puchhammer-Stöckl.
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Nur bei Viertel der Infektionen Diagnose im ersten Halbjahr
Das Ergebnis: "Nur 27 Prozent aller HIV-Infektionen wurden innerhalb der ersten sechs Monate nach Infektion diagnostiziert. Deutliche Unterschiede wurden dabei aber zwischen den jeweiligen Risikogruppen gesehen.

Während immerhin 40 Prozent der auf homosexuellem Weg infizierten Männer frühzeitig als HIV-positiv identifiziert wurden, war das bei nur ca. 17 Prozent (!) der heterosexuell infizierten Personen der Fall.

Das bedeutet, dass bei der heterosexuellen Bevölkerung das Bewusstsein des HIV-Infektionsrisikos immer noch extrem niedrig ist und hier dringender Bedarf nach weiterer Information der Bevölkerung besteht."
Selbst Ärzte zu sorglos
Nicht nur die Patienten selbst, auch Ärzte schienen das Risiko einer HIV-Infektion oft nicht zu bedenken. Internationale Berichte zeigen, dass viele Patienten mit den oft unklaren Symptomen einer primären HIV-Infektion sehr wohl ihren Arzt aufsuchen, diese Symptome jedoch nicht weiter auf HIV abgeklärt werden.

HIV-Infektionen werden dann oft erst im Spätstadium diagnostiziert, wenn erstmals AIDS-Indikatorerkrankungen auftreten. Die meist späte Diagnostik einer HIV-Infektion in der heterosexuellen Population begünstigt sicherlich die weitere Verbreitung des Virus in dieser Bevölkerungsgruppe.

Laut Experten der drei großen Behandlungszentren in Österreich (in Wien, Graz, Innsbruck und Linz) leben derzeit rund 6.000 HIV-infizierte in der Alpenrepublik. Rund um diese Zahlen gibt es allerdings schon seit zwei Jahrzehnten immer wieder Diskussionen.

[science.ORF.at/APA, 24.2.05]
->   Institut für Virologie der Uni Wien
 
 
 
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01.01.2010