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US-Historiker kritisiert mangelnde NS-Aufarbeitung  
  Der US-Historiker Mark Walker wirft in einem aktuellen Interview den meisten deutschen Wissenschaftsdisziplinen vor, ihre Verstrickungen in der NS-Zeit noch nicht aufgearbeitet zu haben.  
Walker untersucht derzeit die Rolle der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) im Dritten Reich und ist Verfasser des Buches "Die Uranmaschine - Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe".
Zögerlich mit Regime arrangiert
Nach seiner Ansicht haben sich die meisten Physiker in Deutschland während der Nazizeit zwar nur zögerlich mit den Machthabern arrangiert. Sie hätten aber später doch ihr Wirken in den Dienst der Kriegsmaschinerie gestellt, sagte Walker der Wochenzeitung "Die Zeit" (Ausgabe 10/05): "Die DPG hatte Glück, dass es in ihren Reihen keinen Josef Mengele gab."

Das Schlimmste, was man sagen könne, sei: "Ja, sie haben ihre jüdischen Mitglieder rausgeworfen, und ja, sie haben begeistert die Militarisierung der Grundlagenforschung vorangetrieben. Das kann man heute kritisieren, aber im Vergleich zu anderen Disziplinen sieht es bei den Physikern noch ganz gut aus", resümierte der Historiker.
Scharfe Kritik an Chemikern und Ingenieuren
Scharfe Kritik übt Walker an anderen Verbänden: "Die Chemiker und die Ingenieure warfen sie (ihre jüdischen Mitglieder) öffentlich und mit Begeisterung raus, sobald sie konnten ... Aber die Physiker ignorierten die Situation einfach - bis 1938, als sie schließlich gezwungen wurden, die letzten jüdischen Mitglieder auszuschließen."

Die Fachgesellschaften der Ingenieure, Chemiker, Biologen, Ärzte und Mathematiker hätten sich ihrer Vergangenheit bis heute nicht gestellt, kritisiert der Historiker vom Union College in Schenectady (N.Y.).

[science.ORF.at/dpa, 2.3.05]
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01.01.2010