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Opioide: Breiter Einsatz nach anfänglicher Skepsis  
  Seit 20 Jahren werden Opioide in der Schmerzbehandlung eingesetzt. Bei richtiger Anwendung sei das Suchtrisiko vergleichsweise gering, betonen Ärzte. Frauen brauchen generell eine höhere Dosis als Männer.  
In Österreich waren sowohl Ärzte als auch Patienten viele Jahre skeptisch bis misstrauisch, sodass das Land lange Zeit europaweit zu den Schlusslichtern in der Verordnung und im Verbrauch von Opioiden zählten.

Das hat sich nun ganz eklatant geändert, sagt der Wiener Schmerzforscher und Schmerztherapeut Hans Georg Kress im Gespräch mit Ö1: "Österreich ist, was den Einsatz von Morphinpräparaten bei Schmerzpatienten angeht, in die Spitzengruppe, ja sogar auf den Platz 1 weltweit geraten."
60-fach erhöhter Einsatz bei Schmerzpatienten
Dem hält die Leiterin der Drogenambulanz am Wiener AKH Gabriele Fischer entgegen, dass der überwiegende Teil dieser Morphinpräparate in die Ersatztherapie von sucht-kranken Menschen gehe.

Schmerzmediziner Kress: "Auch das ist ein Faktor - ansonsten wäre Österreich wahrscheinlich jetzt weltweit auf Platz 2 oder 3 anzusiedeln. Immerhin aber die Zahl, die wir ausgerechnet haben: in den letzten 20 Jahren hat sich der Einsatz von Opioiden allgemein für den Schmerzpatienten versechzigfacht."
Geringes Suchtrisiko bei richtiger Anwendung
Das Risiko als Schmerzpatient, durch die Einnahme solcher Präparate süchtig zu werden ist zwar nicht gleich Null, sagt Hans Georg Kress, aber es ist äußerst gering: "Die Suchtgefahr ist so klein, dass sie eigentlich in der täglichen Praxis vernachlässigt werden kann - unter einer Voraussetzung: Die Medikamente müssen richtig angewendet werden, d.h. nach den Richtlinien der WHO verordnet, mit festen Einnahmezeitpunkten, nicht nach Bedarf.

Sie müssen oral oder transdermal in Form dieser Schmerzpflaster angewendet werden und sie müssen natürlich unter ärztlicher Kontrolle verwendet werden - man darf den Patienten nicht damit allein lassen."
Frauen brauchen höhere Dosis als Männer
Eine psychische Abhängigkeit entwickle sich - wie zum Beispiel Erfahrungen aus Däne-mark zeigen - eher bei Patienten, bei denen Opioide nicht zur Behandlung von Tumor-schmerzen sondern etwa zur Behandlung von chronischen Kreuzschmerzen oder der-gleichen eingesetzt werden, sagt Hans Georg Kress.

Interessant ist in diesem Zusam-menhang, dass aktuellen Erkenntnissen zufolge Frauen viel mehr Opioidrezeptoren haben und daher für eine adäquate Schmerztherapie höhere Dosen an Morphinen benötigen als etwa Männer. Nur dies werde in der Praxis - so Gabriele Fischer - heute noch nicht ausreichend berücksichtigt.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft, 2.3.05
->   Mehr zu Opioiden in Wikipedia.de
->   Mehr zum Thema Schmerz im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010