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Digi-Archive brauchen 'Neuerfindung der Museen'  
  Die Digitalisierung von Daten hat zu einer enormen Informationsmenge geführt. Diese zu archivieren, kostet nicht nur viel Geld, sondern braucht auch eine "Neuerfindung der Museen".  
Das ist der Tenor einer Konferenz, die am Mittwoch in Wien stattgefunden hat.

Im Gegensatz zu Papier halten auf Computer-Festplatten oder anderen digitalen Datenträgern gespeicherte Daten nicht Jahrhunderte, sondern höchstens Jahre. Konzepte zur längeren Archivierung dieser flüchtigen Daten gibt es jedoch kaum.
Neue Medien oft nicht abwärtskompatibel
Dass derartige Konzepte nötig sind, zeigt die weit verbreitete Erfahrung, wie schnell solche Speichermedien kaputt gehen oder durch den Fortschritt obsolet werden:

Die zum Entziffern der Daten notwendigen Programme werden durch neue, nicht abwärtskompatible Versionen ersetzt, oder Lesegeräte veralten und werden durch neue verdrängt (wer kann heute noch etwa Betamax-Videokassetten abspielen?) - und schon sind Daten ohne großen Aufwand nicht mehr zu gebrauchen.
"Museen neu erfinden"
Und damit geht ein immer größer werdender Teil des Kulturerbes verloren. Dessen Erhalt für die Zukunft bedeute "nichts weniger als Bibliotheken, Archive und Museen neu zu erfinden", schilderte der Präsident der Österreichischen UNESCO-Kommission, Hans Marte.

Die UNESCO hat mit ihrer 2003 verabschiedeten Charta zur Bewahrung des digitalen Kulturerbes auf die Problematik aufmerksam gemacht.
Suche nach gesamtösterreichischer Strategie
Ziel der Konferenz in Wien war u. a. ein erster Schritt in Richtung einer nationalen Kooperationsplattform, im Zuge derer österreichische Institutionen gemeinsam Möglichkeiten der Archivierung erarbeiten können.

Derzeit gebe es in Österreich "sehr wenige konkrete Projekte", so die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, Johanna Rachinger. Es solle eine gesamtösterreichische Strategie zur Lösung dieser Problematik entworfen werden.
Paradoxe Situationen
Die Wissenschaft werde in den nächsten fünf Jahren mehr Daten sammeln als die Menschheit in ihrer gesamten Geschichte bisher, wisse jedoch noch nicht, wie diese zu bewahren sind, schilderte Neil Beagrie vom British Library.

Auch die im Museumsbereich immer wichtigere Digitalisierung von Kunstwerken steht schnell vor dem Problem, wie denn nun die digitalen Daten konserviert und "gelagert" werden sollen. Man steht vor der paradoxen Situation, dass 4.000 Jahre alte Papyri noch lesbar seien, aber 15 Jahre alte digitale Daten nicht.
Kaum Problembewusstsein
Über Expertenkreise hinaus gebe es kaum Problembewusstsein, es herrsche ein "sehr diffuses, fast mythisches" Bild vom Cyberspace mit gleichsam unkörperlichen Daten, auf die man einfach zugreifen könne, schilderte Dietrich Schüller, Direktor des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Doch kaum jemand mache sich bewusst, dass die digitalen Daten auch irgendwo physisch gespeichert werden müssen, und diese Information für lange Zeit archiviert werden muss, will man sie nicht verlieren.
Archiv von einem Gigabyte kostet bis zu zehn Euro
Sieben bis zehn Euro an laufenden Kosten pro Jahr verursacht die sachgerechte Archivierung von nur einem Gigabyte an Daten.

Angesichts der enormen Menge (2002 wurden weltweit fünf Mrd. Gigabyte an neuer Information erzeugt), die im wissenschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen oder politischen Bereich täglich anfällt, wird die Aufgabe des Bewahrens schnell "so komplex und kostenintensiv", dass die entsprechenden Institutionen oftmals in "innere Resignation" verfallen, so Rachinger. Dem müsse man durch Kooperation entgegenwirken.
->   Die Tagung in Wien
->   "Guidelines for the Preservation of Digital Heritage" (UNESCO)
 
 
 
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01.01.2010