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Gentests für optimales Training von Rugby-Team  
  Angewandte Gentechnik im Spitzensport: Nicht zu Dopingzwecken, sondern zur Erstellung optimaler Trainingsprogramme hat ein australisches Rugby-Team Gentests durchgeführt. Nach Ansicht von Experten könnte dies den Beginn einer neuen Ära der Leistungsdiagnostik markieren - rechtliche und moralische Probleme inklusive.  
"Sobald ein Verein damit angefangen hat, werden andere folgen", meinte etwa David Weisbrot, Jurist und Gentech-Experte der australischen Regierung, im Online-Nachrichtendienst von "Nature".
Elf "Belastungsgene" untersucht
Die Sea Eagles - ein Profi-Rugbyteam aus Manly, einem Vorort von Sydney - haben die DNA von 18 ihrer insgesamt 24 Spieler auf elf Gene untersucht, die bei körperlicher Belastung eine Rolle spielen.

Einige sind wichtig für die Effizienz der Sauerstoffaufnahme ins Blut, andere für den Muskelaufbau und den Abbau von Laktat - jener Substanz, die entsteht, wenn Muskeln bei intensiver Belastung nicht mehr genug Sauerstoff zur Versorgung ihres Energiebedarfs erhalten und dadurch verhärten.
->   Mehr über Laktat (Institut für Sportmedizin)
Individuelle Trainingsprogramme
Auf Basis der Gentests wurden individuelle Trainingsprogramme für die Athleten aufgestellt. Wenn die genetische Veranlagung eher für 50 als für 100 Laufkilometer pro Woche spricht, so werde das nun berücksichtigt, erklärte der Teamphysiologe Steve Dank. In der verbliebenen Zeit können stattdessen mehr Gewichtsübungen abgehalten werden.
Verfrühter Einsatz?
Ron Trent, Molekularbiologe an der Universität Sydney, hält den Einsatz von DNA-Tests im Sport noch für verfrüht. "Noch wissen wir zu wenig über diese Gene", meinte er im Online-Nachrichtendienst von "Nature".

Zudem hielte er sie nur auf dem Topniveau der weltweiten Leistungselite für wirklich sinnvoll - dort "könnten sie den Unterschied zwischen einer Gold- und einer Silbermedaille ausmachen".
Optimale Profile für verschiedene Sportarten
Trent entwickelt im wichtigsten Zentrum für Trainingswissenschaft des Landes, dem Australian Institute of Sport, genetische Profile, die für unterschiedliche Sportarten die jeweils bestgeeigneten Athleten bestimmen sollen.

Und nicht nur das: Er glaubt auch, dass die Gene Hinweise für den richtigen Platz innerhalb einer Mannschaftssportart wie Rugby geben können - ob die Spieler z.B. eher offensive oder defensive Aufgaben übernehmen sollen.

Indikatoren dafür sind u.a. Geschwindigkeit, Kraft und Ausdauer - wie schon bei der konventionellen Auswahl von Sporttalenten heutzutage.
Warnung vor rechtlichen und moralischen Folgen
So sehr diese Aussichten manche Sportmediziner frohlocken lässt, so sehr warnen andere bereits heute vor etwaigen rechtlichen und moralischen Folgen.

Versicherungsgesellschaften etwa könnten die Ausweitung von Gen-Screenings im Spitzensport forcieren - und dadurch den Druck auf die Vereine, aber auch auf die Athleten erhöhen. Mögliche "Gen-Diskriminierungen" seien dann die Folge, meint etwa der Jurist David Weisbrot.

Im Falle der Sea Eagles ist dies nach Auskunft des Teamphysiologen Steve Dank auszuschließen: Die DNA-Proben werden ihm zufolge unmittelbar nach den Tests vernichtet und ihre Resultate nicht an Dritte weiter gegeben.
Bald alltäglich, aber nicht entscheidend?
Er glaubt im Übrigen, dass Gentests in Zukunft zum Alltag von Sportvereinen gehören werden - die entsprechend hohe Anzahl von Anfragen anderer Klubs, verleiten ihn dazu.

Für wirklich entscheidend aber hält er die Tests nicht: Denn die "Leidenschaft, die Spieler großartig macht", so Dank, könne damit nicht gemessen werden.

[science.ORF.at, 17.3.05]
->   Sea Eagles
->   Australian Institute of Sport
->   news@nature
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Marathon-Mäuse" aus dem Gentech-Labor
->   Schneller, höher, weiter: Grenzen der Leistung (17.8.04)
->   Muskel-Doping dank Gentechnik (17.2.04)
 
 
 
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01.01.2010