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Elefanten: Wenn ein Afrikaner Indisch spricht  
  Elefanten mit Fremdsprachenkenntnissen? Gibt es, wie eine aktuelle Verhaltensstudie zeigt. Die Wiener Zoologin Angela Stöger-Horwath entdeckte im Zoo von Basel einen Afrikanischen Elefanten, der einige Jahre mit Indischen Elefantendamen verbracht hat. Das Besondere daran: Er "spricht" jetzt wie sie, verwendet Lautäußerungen, die seiner Art völlig fremd sind.  
Ebenso ungewöhnlich der Fall eines Elefanten aus Kenia, wie nun das internationale Forscherteam um Stöger-Horwath und Joyce H. Pool vom Amboseli Trust for Elephants berichtet: Dem Dickhäuter ist offenbar recht häufig das Fahrgeräusch von Lkws zu Ohren gekommen, weswegen er jetzt auch wie ein Lkw klingt.
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Die Studie "Elephants prove capable of vocal learning" von Joyce H. Pool et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 434, S. 455-6, Ausgabe vom 24.3.05).
->   Original-Abstract in Nature
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Stare - Stars der Imitation

Die Imitation von Lauten ist eine Gabe, die nur wenige Arten besitzen. Primaten können es, manche Delfine ebenfalls - und nicht zuletzt auch einige Vögel. Wobei der inoffizielle Meistertitel in dieser Disziplin vermutlich den Staren (Sturnus vulgaris) gebührt:

"Sie imitieren die unterschiedlichsten Geräusche anderer Tiere, von Menschen ebenso wie von Telefonen, rasselnden Schlüsselbünden und klapperndem Geschirr", schreibt etwa der niederländische Ethologe Frans de Waal in seinem Buch "Der Affe und der Sushimeister".

De Waal weiter: "Akademiker erzählen sich Geschichten über die Wendungen, die ihre Stare aufgeschnappt haben - von 'Grundlagenforschung' bis 'da können Sie recht haben' - und zu den unpassendsten Anlässen wiedergeben. Einer dieser Spaßvögel flog Besuchern auf die Schulter und sprach: 'Grundlagenforschung, wohl wahr, ich glaube das stimmt.' Eine anderer Vogel, dessen Füße vom Tierarzt behandelt wurden, wand sich unter dessen Griff und kreischte: 'Ich habe da eine Frage.'"
->   Zum Buch bei dtv
Dickhäuter mit Faible für LKW
Nicht weniger spektakulär ist eine Entdeckung, die nun einem internationalen Team von Zoologen gelang. Und zwar an Afrikanischen Elefanten - eine Tierart, die im Gegensatz zu den Staren nicht gerade für ihre Geschwätzigkeit bekannt ist.

Die Forscher untersuchten eine zehnjährige Elefantenkuh namens Mlaika, die im keniatischen Tsao unter halbfreien Bedingungen lebt. Dabei fiel ihnen auf, dass das Tier regelmäßig untypische Laute von sich gab. Sie klangen nicht nach Elefant, sondern eher nach dem Motorengeräusch eines LKW.
Prägende Autobahn
 
Bild: P. Granli/ElephantVoices

Kein Zufall, wie Nachforschungen ergaben: Die Elefantendame hatte die Geräusche regelmäßig von der drei Kilometer entfernten Autobahn Nairobi-Mombasa gehört. Das genügte offenbar, um sie in das Repertoire ihrer Lautäußerungen aufzunehmen.
Baseler Sprachverwirrung
Ein ähnlicher Fall ereignete sich im Baseler Zoo. Hier war es der Afrikanische Elefant Calimero, der für Erstaunen unter den Forschern sorgte. Calimero hatte einige Jahre seines Lebens in einer Gruppe weiblicher Indischer Elefanten verbracht.

Offensichtlich eine prägende Lebensphase, denn er eignete sich den Dialekt dieser fremden Spezies an. Während sich nämlich Indische Elefanten (Elephas maximus), unter anderem mit Zirp- bzw. Zwitscher-Lauten verständigen, ist das bei den Verwandten aus Afrika (Loxodonta africana) niemals der Fall.

Nur Calimero - augenscheinlich mit einem gewissen Talent für Fremdsprachen ausgestattet - zwitscherte im Baseler Zoo munter drauflos, ganz so als wäre er Inder und nicht Afrikaner.
Zufallsentdeckung mit Folgen
Wie die Co-Autorin der nun publizierten Studie, Angela Stöger-Horwath von der Uni Wien berichtet, stieß sie im Rahmen ihrer Dissertation rein zufällig auf diesen Sonderfall, wusste ihn jedoch richtig zu deuten. Eine Entdeckung, die der Jungforscherin vom Institut für Zoologie gleich eine Publikation im angesehenen Fachjournal "Nature" eingebracht hat.

Könnte Calimero seine erworbenen Lautäußerungen dereinst an Artgenossen weitergeben und damit womöglich ein neues Kommunikationssystem begründen? Das sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch reine Spekulation, betont Stöger-Horwath gegenüber science.ORF.at: "Aber rein theoretisch ist es möglich."

Robert Czepel, science.ORF.at, 24.3.05
->   Amboseli Trust for Elephants
->   Institut für Zoologie, Uni Wien
->   Mehr zu Elefanten im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010