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Sportfans sind nach Siegen gewalttätiger  
  Von Ausschreitungen nach dem Sieg von Österreich gegen Wales Mittwochabend ist nichts bekannt. Glaubt man einer neuen Studie, dann wäre die Voraussetzung dafür aber gegeben gewesen: Ihr zufolge ist die Gewaltbereitschaft von Sportfans größer, wenn das eigene Team gewinnt. Dies wurde ausgerechnet an walisischen Fans beobachtet.  
Wie ein Team um den Gewaltforscher Vaseekaran Sjvarajasingam von der Universität Cardiff im Fachjournal "Injury Prevention" schreibt, sind nach Niederlagen in Rugby- oder Fußballspielen deutlich weniger Körperverletzungen zu konstatieren als nach Siegen.
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Die Studie "Winning, losing, and violence" ist in "Injury Prevention" (Bd. 11, S. 69-70, März 2005; doi: 10.1136/ip.2004.008102) erschienen.
->   Injury Prevention
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Lieblingssportarten Rugby und Fußball
Cardiff ist mit seinen 300.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt von Wales, rund zwei Drittel aller Einwohner des Landes leben innerhalb eines Einzugsgebiets von 75 Kilometern zu der Hauptstadt.

Die Lieblingssportarten der Waliser sind Rugby und Fußball - 70.000 Zuseher im Millennium Stadium von Cardiff bei Heimspielen sind da keine Seltenheit.
Körperverletzungen von sieben Jahren untersucht
Gut, dass es in nur eineinhalb Kilometer Entfernung vom Stadion eine Unfallambulanz gibt - die einzige der Stadt, wie die Forscher in ihrem Artikel schreiben.

Die Anzahl und Häufigkeit von Körperverletzungen, die in dieser Ambulanz zwischen Mai 1995 und April 2002 behandelt wurden, standen im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen.
106 Sportereignisse in dieser Zeit
Insgesamt zählten die Unfallmediziner in dem Zeitraum rund 27.000 Fälle von Körperverletzungen. An den durchschnittlichen Tagen ohne Sportveranstaltung wurden 21 Fälle behandelt.

An Tagen mit Rugby oder Fußball kletterte diese Zahl auf 30 an. In den knapp sieben Jahren war dies an 106 Tagen der Fall: 74 internationale Rugby- und 32 Fußballmatches, darunter sowohl Heim- als auch Auswärtsspiele.
Mehr Ambulanzfälle mehr nach Siegen
Diese Rohdaten verglichen die Forscher mit einer Reihe von Variabeln - Anzahl der Zuseher, Heim- oder Auswärtsspiel, Sieg oder Niederlage, Wochentag oder Wochenende - und suchten nach Korrelationen.

Zu ihrer eigenen Überraschung war der deutlichste Zusammenhang bei Spielen zu beobachten, die von den walisischen Teams gewonnen wurden. Nach walisischen Siegen wurden in der Unfallambulanz durchschnittlich 33 Fälle von Körperverletzungen behandelt, nach Niederlagen nur 25.
Heim- oder Auswärtsspiel, Sportart gleichgültig
Auch am Wochenende war die Zahl der Arztbesuche an Spieltagen signifikant höher als an spielfreien Tagen.

Keinen Einfluss auf die Gewaltbereitschaft der Sportfans hatte hingegen der Umstand, ob die Spiele daheim in Cardiff oder beim gegnerischen Team stattfanden. Auch die Sportart - Rugby oder Fußball - veränderte die Auswirkungen nicht.
Ursachen: Mehr Patriotismus und Alkohol
Warum es zu mehr Ausbrüchen von Gewalt beim Sieg der eigenen Mannschaft kommt, dazu legen die Forscher nur einige Annahmen vor: Gesteigertes Selbstbewusstsein und bestätigter Patriotismus könnten dazu beitragen - Umstände, die bereits bei früheren Studien zu den Ursachen häuslicher Gewalt genannt worden waren.

Nicht unwesentlich dürfte auch der Einfluss von Alkohol sein, der im Zuge ausgelassener Siegesfeiern stärker fließt als nach Niederlagen.
Gewaltprävention vor Siegen empfohlen
Die Empfehlung der Wissenschaftler: In Zukunft sollte die Gewaltprävention an Tagen mit internationalen Sportereignissen verstärkt werden.

Und zwar speziell dann, wenn ein Sieg der Heimmannschaft zu erwarten ist - gleichgültig, ob es sich dabei um ein Heim- oder ein Auswärtsspiel handelt.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 31.3.05
->   Violence Research Group, Cardiff University
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Gentests für optimales Training von Rugby-Team (17.3.05)
->   Gewaltlosigkeit kann erlernt werden (9.12.04)
->   Auch antike Sportfans gerieten in Rage (18.8.04)
 
 
 
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01.01.2010