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Verursachen Blaualgen Nervenkrankheiten?  
  Werden einige neurodegenerative Krankheiten, wie etwa Alzheimer, indirekt durch Giftstoffe von Blaualgen ausgelöst? Eine aktuelle Studie britischer Forscher legt nun diese Möglichkeit nahe.  
Wissenschaftler vermuten, dass ein Gift mit dem Namen BMAA, das die meist im Wasser lebenden Organismen produzieren, mit diesen Krankheiten in Zusammenhang steht.

Ein weltweites Screening von Forschern der University of Dundee (Großbritannien) in Zusammenarbeit mit schwedischen und amerikanischen Kollegen erbrachte nun die beunruhigende Erkenntnis, dass BMAA in 95 Prozent der verschiedensten Blaualgen vorkommt.
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Die Studie "Diverse taxa of cyanobacteria produce Beta-N-methylamino-L-alanine, a neurotoxic amino acid" von Paul Alan Cox et al. erschien im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA" (Band 102, S. 5074-5078; doi:10.1073/pnas.0501526102).
->   Zum Abstract der Studie
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Kosmopolitische Blaualgen
Blaualgen sind trotz äußerlicher Ähnlichkeit keine echten Algen, sie zählen zu den Bakterien und werden daher korrekterweise Cyanobakterien genannt. Sie kommen in praktisch allen nassen oder wenigstens feuchten Lebensräumen auf der Welt vor, teilweise haben sie auch extreme Lebensräume wie heiße Quellen erobert.

Auch in heimischen Seen, Tümpeln, Flüssen und Bächen sind sie sehr häufig. Dass Blaualgen zuweilen Gifte freisetzen, ist vor allem durch bestimmte, im Meer vorkommende Arten bekannt geworden. Dabei können ganze Küstenareale vergiftet werden.
Hinweise durch rätselhafte Vergiftungen
Auf die Idee, dass Blaualgen-Gifte auch dem Menschen gefährlich werden könnten, kamen Wissenschaftler schon vor längerem auf der Insel Guam östlich der Philippinen. Auf dieser Insel gibt es unter der indigenen Bevölkerung besonders hohe Raten an neurodegenerativen Erkrankungen.

Die dort ansässigen Menschen essen häufig Samen von so genannter Cycad-Palmen, wobei in den Wurzeln der Pflanzen symbiontische Blaualgen gefunden wurden, die nachweislich BMAA produzieren.

Das Gift kann auch einen Umweg in der Nahrungskette nehmen: Von den Früchten zuerst in Fledermäuse und dann über den Kochtopf in den menschlichen Organismus.
BMAA in Hirngewebe nachgewiesen
Das Interesse der Medizin nahm weiter zu, als Forscher in Gehirngeweben von Alzheimer-Patienten in Kanada BMAA nachweisen konnten. Spätestens seither drängt sich die Frage geradezu auf, ob BMAA und Blaualgen bei der Entstehung von Alzheimer und ähnlichen Erkrankungen generell eine Rolle spielen.
Globale Giftmischer?
Umso beunruhigender nehmen sich daher die in der Zeitschrift "PNAS" veröffentlichte Ergebnisse des Gift-Screenings aus. Die Forscher sammelten Blaualgenproben aus Meer- und Süßwasser, aus Böden, Höhlen, Flechten und heißen Quellen. Von einer Sammlung von 30 Kulturen produzierten 95 Prozent BMAA.

[science.ORF.at/dpa, 8.4.05]
->   University of Dundee
 
 
 
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01.01.2010