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Babys erkennen vorsätzlich falsches Verhalten  
  Schon 15 Monate alte Kleinkinder durchschauen, wenn Erwachsene gegen ihre zuvor "erlernte" Überzeugung handeln. Das behauptet eine Studie in der aktuellen Ausgabe von "Science". Die Ergebnisse widersprechen bisherigen Annahmen, wonach Kinder erst mit Entwicklung der Sprachkompetenz lernen, das Verhalten ihrer Umwelt zu interpretieren, meint dazu der Salzburger Psychologe Josef Perner in einem begleitenden Kommentar.  
59 Kleinkinder wurden dabei beobachtet, wie sie auf Täuschungsversuche von Erwachsenen reagieren. Die Forscher stellten fest, dass die Kleinen verlässlich länger hinschauten, wenn der Erwachsene sich widersprüchlich zu den vorher gesetzten Handlungen verhielt und damit offenbar auch gegen seine eigene Überzeugung handelte.
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Der Artikel "Do 15-Month-Old Infants Understand False Beliefs?" von Kristine H. Onishi und Renee Baillargeon ist am 8. April 2005 in "Science" erschienen (Band 304, S. 255-258, DOI: 10.1126/science.1107621). Kommentiert wurde die Studie vom Salzburger Psychologen Josef Perner und seinem neuseeländischen Kollegen Ted Ruffman (S. 214-216, DOI:10.1126/science.1111656).
->   Science
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Versuch 1: Grüne Box ist richtig
 
Bild: Science

Im ersten Versuch versteckten die Wissenschaftler vor den Augen der Kinder ein begehrtes Objekt - eine Wassermelone - in der grünen Box.

Im zweiten Schritt griff die Versuchsperson in die grüne Schachtel, was die Babys nicht sonderlich interessierte. Suchte der Mensch aber in der falschen Schachtel, schauten die Kleinkinder länger gebannt zu.
Versuch 2: Die Gegenprobe mit der gelben Box
 
Bild: Science

Im zweiten Versuch verschoben die Wissenschaftler das Stück Wassermelone vor den Kindern von der grünen in die gelbe Box.

Der Test bekräftigte das erste Ergebnis: Nur wenn die Versuchsperson entgegen ihrem Wissen zur grünen Schachtel griff, konnten sie die Blicke der Babys länger auf sich ziehen.
Evolution kultureller Techniken
Die Ergebnisse zeigen für die Wissenschaftler, dass auch Kleinkinder im Alter von 15 Monaten schon auf Basis von visuellen Erfahrungen Rückschlüsse auf das Verhalten der Umgebung ziehen können. Das ist insofern neu, als man bisher meinte, dass Kleinkinder erst mit Ausbildung des Sprachvermögens so abstrakte Ebenen wie den "Vorsatz" interpretieren können.

Die aktuelle Studie wirft deshalb die Frage auf, ob die Grundlage solch "kulturelle" Techniken auch bei Tieren zu finden sind und durch "menschliche Errungenschaften" wie die Sprache erst vertieft werden.

[science.ORF.at, 8.4.05]
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Babys können auch Affengesichter unterscheiden (22.3.05)
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->   Menschliche Eigenschaften: Ins Gesicht geschrieben? (4.10.04)
 
 
 
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01.01.2010