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Alzheimer-Medikament verzögert Parkinson-Demenz  
  Die Schüttellähmung (Morbus Parkinson) zieht bei 40 Prozent der Betroffenen nach längerer Krankheit auch Demenzerscheinungen nach sich. Ein bereits 1997 zugelassenes Medikament könnte den Fortschritt der Erkrankung verzögern.  
Konkret geht es um das für die Behandlung von Morbus Alzheimer zugelassene Medikament Rivastigmin ("Exelon"/Novartis), das laut einer vor kurzem veröffentlichten internationalen Studie unter österreichischer Beteiligung eine verzögernde Wirkung zeigen soll. Dies stellten Experten am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien fest.
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James Parkinson
Vor genau 250 Jahren, am 11. April 1755, wurde James Parkinson in London geboren. Er beschrieb als Arzt erstmals die nach ihm benannte Krankheit, die aus einem Untergang der Dopamin-poduzierenden Zellen im Gehirn besteht. Genau schilderte er das Schütteln (Zittern mit vier bis sechs Ausschlägen pro Sekunden) bzw. die anderen Bewegungsstörungen. "Sinne und Intellekt sind nicht gestört", schrieb Parkinson.
->   Mehr über die Parkinson-Erkrankung bei Medicine-Worldwide.de
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40 Prozent der Parkinson-Patienten entwickeln Demenz
Die Festestellung von Parkinson, dass der Intellekt unberührt bleibt, stimmt aber nicht. Eduard Auff, Vorstand der neurologischen Universitätsklinik am Wiener AKH: "Wir müssen davon ausgehen, dass zwei von fünf Parkinson-Patienten (40 Prozent, Anm.) eine Demenz entwickeln."
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Rund 100.000 Demenz-Kranke in Österreich
In Österreich gib es rund 100.000 Demenz-Kranke. Der Anteil unter den 65-Jährigen beträgt ein bis zwei Prozent, bei den 75-Jährigen acht und bei den über 85-Jährigen 15 bis 25 Prozent. 65 bis 70 Prozent dieser Erkrankungen entfallen auf die Alzheimer-Krankheit, 15 bis 20 Prozent sind durch Gefäßerkrankungen bedingt, von den restlichen 15 bis 25 Prozent fällt ein erheblicher Anteil auf die Parkinson-Demenz.

Weltweit leiden vier Millionen Menschen an der Schüttellähmung, in Österreich sind es rund 20.000 Patienten. Etwa drei Prozent der über 80-Jährigen sind davon betroffen.
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Aufmerksamkeit und Antrieb geschwächt
Während beim Morbus Alzheimer vor allem höhere Funktionen des Gehirns betroffen sind, gibt es ein eigenes Symptommuster für die Parkinson-Demenz. Regina Katzenschlager von der neurologischen Abteilung am Donauspital in Wien: "Die Alzheimer-Erkrankung ist dadurch charakterisiert, dass das Gedächtnis selbst leidet. Sie betrifft die Hirnrinde. Neue Inhalte werden nicht gespeichert, alte können nicht abgerufen werden.

Bei der Parkinson-Demenz ist das Bild etwas anders. Vor allem die Aufmerksamkeit und der Antrieb sind beeinträchtigt, die Reaktion ist verlangsamt. Planen und Urteilen fallen schwer. Das eigentliche Gedächtnis ist gar nicht so schlecht."
Botenstoff im Gehirn wird erhöht
Allerdings, jene Medikamente, die bei Morbus Alzheimer das Fortschreiten der Symptome verzögern können, haben offenbar auch eine Wirkung bei Parkinson-Demenz.

Die Medikamente als Hemmstoffe des Enzyms Acetylcholinesterase, welches den antreibenden Nervenbotenstoff Acetylcholin abbaut, erhöhen im Gehirn wieder die Konzentration des Botenstoffs.
Frühzeitige Behandlung wahrscheinlich besser
Den Effekt bei der Parkinson-Demenz hat auch eine internationale Studie ergeben, an der 561 Patienten teilnahmen. Ein Drittel davon erhielt 24 Wochen ein Scheinmedikament, zwei Drittel nahmen täglich drei bis zwölf Milligramm Rivastigmin ein. Nach einem halben Jahr zeigten sich anhand verschiedener Beurteilungsskalen signifikante Verbesserungen bei den Patienten, die das echte Medikament bekommen hatten.

In der Placebo-Gruppe kam es zu einer Verschlechterung. Mittlerweile liegen Ein-Jahres-Daten aus der offenen Weiterführung der Studie vor, bei der im zweiten Halbjahr alle Probanden das Medikament erhielten. Sie deuten darauf hin, dass eine frühzeitige Behandlung besser sein könnte.
Krankheit wird gebremst, schreitet aber langsam fort
Wunder sind keine zu erwarten. Die Erkrankung wird offenbar gebremst, schreitet aber langsam weiter fort. Dies ist nicht unähnlich dem zeitweisen Effekt der Cholinesterase-Hemmer bei Morbus Alzheimer.

Negative Meldungen zu den Medikamenten in Sachen Morbus Alzheimer wurden bei der Pressekonferenz abgeschwächt. Regina Katzenschlager: "Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson sind fortschreitende Erkrankungen." Skeptizismus über die Langzeitwirkung der Medikamente würde eher der Ausdruck der Enttäuschung sein, dass es eben noch keine heilende Behandlung gäbe.

[science.ORF.at/APA/AP, 11.4.05]
->   Mehr über Parkinson im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010