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Tausende Labore sollen potenziell tödliche Viren vernichten  
  Tausende Forschungslabore in aller Welt sind aufgerufen, potenziell tödliche Proben eines Grippevirusstamms zu vernichten, die offenbar versehentlich zu Testzwecken an die Wissenschafter verschickt wurden.  
Es handle sich um Proben des Virusstamms H2N2, der Ende der fünfziger Jahre eine asiatische Grippeepidemie ausgelöst hatte und seit 1968 abebbte, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Dienstag mit.

Nach Österreich ist nach Auskunft des Gesundheitsministeriums keine der Proben gelangt.
Geringes Risiko
Es bestehe das Risiko, dass sich ein Labormitarbeiter mit dem Virus infiziert und eine weltweite Influenza-Epidemie auslöse, sagte der für Grippe zuständige WHO-Experte Klaus Stöhr.

Das Risiko sei zwar gering. "Aber sehr viele Labors haben den Virenstrang, und wenn sich jemand infiziert, besteht die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung." Es habe sich erwiesen, dass das Virus sehr ansteckend sei.
Unter-35-Jährige ohne Abwehrkräfte
Nach 1968 geborene Menschen hätten nach bisherigen Erkenntnissen keine oder kaum Abwehrkräfte gegen diesen Virus, die derzeitigen Impfstoffe gegen Grippe wirkten ebenfalls nicht dagegen.

3.742 Forschungslabore in 18 Ländern der Welt seien aufgefordert, die an sie verschickten Proben des Erregers zu vernichten.
Bisher keine Infektionen bekannt
Normalerweise werden an die Forschungslabore Proben von derzeit grassierenden Grippeviren verschickt, um an ihnen Tests durchzuführen. In diesem Fall sei jedoch das seit fast 40 Jahren nicht mehr aktive H2N2-Virus vom College of American Pathologists verschickt worden, erklärte die WHO.

Bisher seien noch keine Fälle bekannt, in denen Laborangestellte sich mit dem Virus infiziert hätten. Als Vorsichtsmaßnahme empfehle die WHO jedoch die sofortige Vernichtung sämtlicher Proben.
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Der Erreger
Bei dem hochgefährliche Grippevirus handelt es sich um einen Erreger vom Subtyp A. Typ A ist der gefährlichste und am weitesten verbreitete Virus-Typ. Er tritt nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Vögeln, Geflügel, Schweinen, Walen, Pferden und Seehunden auf. Untergruppen des Typs A erhalten ihre Bezeichnungen nach den beiden wichtigsten Eiweißstoffen an der Oberfläche des Erregers: H steht für Hämagglutinin und N für Neuraminidase. Alle zwei oder drei Jahre verändern sich die Viren durch Mutationen, weswegen jedes Jahr ein neuer Impfstoff entwickelt wird.
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Virus tötete 1957 eine Million Menschen
Der Erreger löste 1957 eine der bisher drei folgenschwersten Pandemien aus. Die so genannte Asiatische Grippe nahm ihren Anfang in China und breitete sich über die Vereinigten Staaten und Europa aus. Weltweit starben mindestens eine Million Menschen.

Das Virus zirkuliert aber bereits seit Jahrzehnten nicht mehr, was ihn vor allem für jüngere Menschen, die keine oder kaum Abwehrkräfte dagegen haben, gefährlich macht.
Warnungen vor neuer "Spanischer Grippe"
Die meisten Menschen raffte die so genannte Spanische Grippe von 1918 dahin. Weltweit starben damals zwischen 20 und 50 Millionen Menschen. Bei der dritten und vorerst letzten großen Pandemie, der Hongkong-Grippe, erlagen 1968 etwa eine Million Menschen den Folgen der Ansteckung.

Experten warnen seit längerem vor einer neuen weltweiten Grippe-Epidemie mit verheerenden Folgen und Millionen von Toten. Als wahrscheinlichste Ursache einer neuen Pandemie gilt ein Übergreifen der in Asien grassierenden Vogelgrippe auf den Menschen.

[science.ORF.at/APA/AFP/AP, 13.4.05]
->   Stellungnahme der WHO zum Thema
->   College of American Pathologists
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Vogelgrippe von Mensch zu Mensch übertragbar (26.1.05)
->   WHO warnt vor erneuter weltweiter Grippewelle (16.12.04)
->   Spanische Grippe: Wie sicher sind die Forschungslabors? (25.10.04)
 
 
 
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01.01.2010