News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Künstliche Cochlea: Bald volle Implantierbarkeit  
  Neue Cochlea-Implantate sollen nicht nur das Hörempfinden dem natürlichen Hören wieder ein Stück näher bringen, durch Senkung des Energieverbrauchs wird auch eine totale Implantierbarkeit angestrebt.  
Das bisher übliche Außengerät zur Steuerung des eigentlichen Implantats würde somit entfallen.

Zur Entwicklung wurde an der Uni Innsbruck ein am Donnerstag präsentiertes, eigenes Christian Doppler-Labor "Active Implantable Systems" eingerichtet.
Wie das Hörerlebnis zustande kommt
Ein Cochlea-Implantat ersetzt die natürliche Funktion des Innenohrs. Die so genannte Schnecke ist bei gesunden Menschen ein kleines, mit Flüssigkeit gefülltes und aufgerolltes Rohr.

Bestimmte Membranen in der Schnecke sind mit 15.000 bis 30.000 Sinneszellen, den so genannten Haarzellen bestückt. Über Trommelfell und Gehörknöchelchen werden am Ohr ankommende Schallwellen an die Schnecke weiter geleitet und versetzen die darin befindliche Flüssigkeit in Schwingung, eine so genannte Volumswelle entsteht.

Je nach Art der Wellen werden verschiedene Haarzellen angeregt: Hochfrequente Töne werden im äußeren Teil der Schnecke registriert, tiefere weiter innen. Jede Sinneszelle besitzt eine Ableitung, die über das ganze Bündel des Hörnervs ins Gehirn gesendet wird. Aus der Summe der ankommenden Erregungen kreiert das Gehirn dann das Hörerlebnis.
Künstliche Cochlea hilft bereits 70.000
Bei manchen Menschen ist die Funktion der Schnecke mehr oder weniger gestört, obwohl Trommelfell und Gehörknöchelchen ankommenden Schall an die Schnecke übertragen werden keine oder nur mangelhafte Nervenimpulse erzeugt.

In so einem Fall hilft eine künstliche Cochlea, die seit Jahren als bisher einziges künstliches Sinnesorgan Patienten operativ eingepflanzt wird. Rund 70.000 Hörgeschädigte oder Gehörlose wurden bisher mit dem künstlichen Innenohr versorgt.
Stimulation im Ohr
Das Implantat besteht aus dem knapp unter die Haut eingesetzten Stimulator und einer feinen Leitung, deren freies Ende vom Chirurgen direkt in die Schnecke eingefädelt wird. An der Spitze der Leitung, also direkt in der Schnecke, sitzen - je nach Fabrikat - verschieden viele Elektroden, beispielsweise zwölf, erklärte der Leiter des CD-Labors, Clemens Zierhofer im Gespräch mit der APA.

Der Patient trägt außerdem ein Außengerät, das Mikrofon, Sprachprozessor und Energieversorgung enthält.

Im Außengerät wird der empfangene Schall in ein Hochfrequenzsignal umgewandelt und durch die Haut zum Stimulator übertragen. Dieser wandelt das Signal in elektrische Reize im, die dann über die Elektroden direkt in die Nerven geleitet werden. Ähnlich wie beim natürlichen Hören, senden bei höhen Tönen die äußeren, bei tiefen die inneren Elektroden.
Nun feinere Informationsverarbeitung im Visier
Obwohl moderne Geräte laut Zierhofer mit bis zu 50.000 Pulsen pro Sekunde arbeiten, bleibt viel der so genannten Feinstrukturinformation des natürlichen Gehörs auf der Strecke. Ein Problem war bisher, dass die Elektroden jeweils nur nacheinander feuern durften.

Bei gleichzeitiger Aktivierung der Elektroden traten erhebliche Störungen etwa durch Kurzschlüsse auf. Mittels ausgeklügelter Mathematik haben die Forscher das Problem nun in den Griff bekommen, die Elektroden können nun auch gleichzeitig senden und so das Hörempfinden erheblich verbessern.

Derzeit sind die Wissenschaftler dabei, das System an Patienten zu erproben und zu verbessern.
Hoffnung auf geringeren Energiebedarf
Ein weiterer Vorteil der neuen Methode ist, dass der Energiebedarf wesentlich gesenkt werden konnte. So können Entwickler nun erstmals daran denken, voll implantierbare Systeme zu entwickeln.

Dabei müssten auch die - von außen aufladbaren - Batterien und das Mikrofon unter die Haut versetzt werden. Der Patient hätte keinerlei Gerät mehr bei sich zu tragen.

[science.ORF.at/APA, 14.4.05]
->   Christian Doppler-Forschungsgesellschaft
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Wien: Kleinstes Cochlea-Implantat eingepflanzt (2.2.04)
->   Reinhard Krepler: Einzigartiger Eingriff (7.6.01)
->   ÖGS: Orchideensprache oder Menschenrecht? (16.3.00)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010