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Karrierefördernd: Mann-Sein, Praxis, Selbstlob  
  Welche Eigenschaften sind ideal für eine Karriere in der Wirtschaft? Am wichtigsten ist es laut einer aktuellen Studie, ein Mann zu sein. Praxiserfahrung zählt zudem mehr als ein schnell abgeschlossenes Hochschulstudium und auch Bescheidenheit ist keine Zier - die eigenen Leistungen zu loben viel eher.  
Das sind einige der Resultate, die ein Team um Wolfgang Mayrhofer vom Institut für Management und Wirtschaftspädagogik der WU Wien bei der Untersuchung von Persönlichkeitsmerkmalen, Herkunft und Karriereverläufen herausgefunden hat.

Die vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützte Studie basiert auf der Befragung von rund 1.000 WU-Absolventen verschiedener Generationen und erscheint auch in Buchform.
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Mayrhofer, Meyer, Steyrer (Hrsg.): Macht? Erfolg? Reich? Glücklich? Einflussfaktoren auf Karrieren, Verlag Linde International, Wien 2005.
->   Mehr über das Buch (Linde International)
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Frauen verdienen in zehn Jahren 71.000 Euro weniger
Das bemerkenswerte Ergebnis: Frauen verdienen im Verlauf von zehn Jahren über 71.000 Euro weniger als Männer, auch wenn sie sich in nichts anderem unterscheiden als im Geschlecht - also etwa bei gleichen Persönlichkeitsmerkmalen.

Der Unterschied ist dann besonders hoch, wenn die Frauen mindestens einmal wegen Karenz den Berufsverlauf unterbrechen mussten.

Aber auch Frauen ohne Mutterschaftsurlaub verdienen im Verlauf von zehn Jahren insgesamt 61.000 Euro weniger als Männer, die sich in nichts von ihnen unterscheiden als ihrem Geschlecht.
Frauen nur subjektiv erfolgreicher
Weiterer Unterschied zwischen den Geschlechtern: Objektiver und subjektiver Karriereerfolg verlaufen nicht parallel. Frauen sind zwar objektiv weniger erfolgreich als Männer, weisen aber einen höheren subjektiven Erfolg auf, sind also mit den erreichten Karrierestufen eher zufrieden.
Je gebildeter die Eltern, desto unzufriedener
Außerdem gibt es bei Männern einen direkten positiven Zusammenhang zwischen Bildungsgrad der Eltern und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Absolventen.

Bei Frauen dagegen dominiert ein negativer Zusammenhang zwischen dem Bildungsgrad der Eltern und der Zufriedenheit mit der beruflichen Entwicklung.

Je höher die Bildung des Vaters, desto unzufriedener ist die Frau mit ihrer beruflichen Entwicklung - "desto schmerzhafter stößt sie an den 'gläsernen Plafond'".
Persönlichkeitsfaktoren relativ unerheblich
Vergleichsweise überraschend: Persönlichkeitsfaktoren wie Leistungs- und Machtstreben, Flexibilität, Gewissenhaftigkeit, emotionale Stabilität und Kontaktfähigkeit wirken sich nur schwach auf den Karriereerfolg aus.

Für das Gehalt und die Führungsverantwortung wichtiger ist in dieser Kategorie hingegen nur ein Faktor - Führungsmotivation.
Selbstinszenierung zahlt sich aus
Weiters untersuchten die Forscher die Frage, welche persönlichen Taktiken ("Mikropolitik") zum Erreichen von Karrierezielen dienlich sind. Obwohl insgesamt nur ein schwacher Zusammenhang zwischen Karrieretaktiken und -erfolg festgestellt wurde, scheint insbesondere Self-Promotion erfolgreich sein.

Projekt-Koleiter Johannes Steyrer: "Während sich früher noch Zurückhaltung empfahl, fährt man heute mit dem Herausstreichen eigener Fähigkeiten und Ideen besser. Selbstinszenierung zahlt sich dabei mehr aus als Beziehungsarbeit."
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Die Autoren der Studie sind Mitglieder der Arbeitsgruppe ViCaPP (Vienna Career Panel Project), die Karrieremuster und Einflussfaktoren auf berufliche Karrieren erforscht.
->   Vienna Career Panel Project (ViCaPP)
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Praxis am wichtigsten beim Berufseinstieg
Beim Berufseinstieg wiederum lohnen sich weder gute Abschlussnoten noch ein schnelles Studium. Diese beiden Faktoren wirken sich kaum auf Einkommen und Führungsverantwortung aus, wie die Studie zeigt.

Auch Auslandsaufenthalte haben keinen klaren Einfluss auf den Karriereerfolg beim Berufseinstieg. Wer dagegen neben dem Studium arbeitet und daher länger studiert, wird beim Berufseinstieg mit einem besseren Gehalt und höherer Verantwortung belohnt.

Aber: Nach zehn Jahren verdienen diejenigen, die schneller und besser studiert haben, mehr als langsamere Studenten.
Wenig Lust auf Flexibilität
Schließlich gingen die Forscher auch dem Wunsch flexibler Karriereverläufe nach. Überraschend dabei: Selbst bei den Speerspitzen der gesellschaftlichen Flexibilisierung erwärmt sich nur eine Minderheit für diese Berufsform.

Nur 26 Prozent der Wirtschaftsabsolventen und -absolventinnen wünscht sich eine "chronisch flexible Karriere", 42 Prozent bevorzugen eine planbare und dauerhafte Karriere in einer großen Organisation.

[science.ORF.at/APA, 25.4.05]
->   FWF
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01.01.2010