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Erfahrung und Vielfältigkeit führen Teams zum Erfolg  
  Teamarbeit gleicht oft einem Blindflug: Die soziale Dynamik zwischen den Mitgliedern scheint ebenso unabschätzbar wie der Effekt, den neue Mitglieder auf erprobte Teams haben können. US-Forscher suchten mit Hilfe der Netzwerkanalyse nach dem Weg zum "Dream Team". Ihr Ergebnis: Es kommt auf die richtige Mischung zwischen "Veteranen" und "Newcomern" an, wobei die altgedienten Mitglieder keine gemeinsame Projektvergangenheit haben sollten.  
Kultur und Wissenschaft im Fokus
Für ihre Analyse konzentrierten sich Roger Giumera und seine Kollegen von der Northwestern University in Illinois auf die Bereiche Kultur und Wissenschaft. Als Grundlage zogen sie seit 1877 bis 1990 kontinuierlich erfasste Daten über Gruppen, die Aufführungen am Broadway in New York gestalteten, sowie die Teamhinweise in wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus den Bereichen Sozialpsychologie, Ökonomie, Ökologie und Astronomie heran.

Mit Hilfe der Netzwerkanalyse fanden die Forscher deutliche Zusammenhänge zwischen der Diversität, also der Vielfältigkeit der Teams, den Strukturen der Zusammenarbeit, den Kontakten zur "Außenwelt" und der Performance.
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Die Studie "Team Assembly Mechanisms Determine Collaboration Network Structure and Team Performance" von Roger Guimera und Kollegen ist am 29. April 2005 im Wissenschaftsmagazin "Science" erschienen (Band 308, S. 697-702, DOI:10.1126/science.1106340).
->   Science
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Team-Dynamik: Mix aus Anzahl, Erfahrung und Offenheit
Mit Kultur und Wissenschaft wählten die Forscher zwei Bereiche, die zwar beide auf Teamarbeit basieren, deren Struktur sich aber im 20. Jahrhundert unterschiedlich stark verändert hat: Während die Teams am Broadway bis 1930 wuchsen, weil sich die Positionen ausdifferenzierten, dann aber bei sieben Mitarbeitern stagnierten, ist in der Wissenschaft die ideale Teamgröße umstritten und nimmt momentan noch zu.

Um der Dynamik auf die Spur zu kommen, erfassten Guimera und seine Kollegen die Teamgröße, die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Mitglied ein "alter Hase" ist und die Neigung der Teammitglieder, ehemalige Kollegen oder aber neue Mitarbeiter einzubeziehen.
Neue Beziehungen zwischen erfahrenen Personen zentral
 
Bild: Science

Die Netzwerkvisualisierungen verdeutlichen die Hierarchie der Beziehungen: Je komplexer das Netz wird, desto mehr rücken die grünen und vor allem die gelben Linien in das Zentrum. Die grünen Verbindungen stehen für Kontakte zwischen "Veteranen" und Newcomern, die gelben für neue Verbindungen zwischen erfahrenen Mitarbeitern, die allerdings noch nie in einem Projekt zusammengearbeitet haben.

Die roten Linien verdeutlichen eine wiederholte Zusammenarbeit zwischen erfahrenen Mitarbeitern, die blauen symbolisieren eine Verbindung zwischen Neulingen.
Komplexe Strukturen entstehen mit der Erfahrung
 
Bild: Science

Die Anwesenheit erfahrener Team-Mitglieder stabilisiert das Netzwerk, sobald die Struktur eine bestimmte Komplexität überschreitet, und sorgt gleichzeitig für mehr Vernetzung mit dem Umfeld.

Wie die Visualisierungen zeigen, steigt die Wahrscheinlichkeit von ringförmigen Clusterstrukturen mit der Anzahl der Veteranen. Fehlen die erfahrenen Personen, bilden die Teams relativ abgeschlossene Inseln.
Mehr Vernetzung bedeutet auch höheren Impact-Faktor
Ist bessere Vernetzung aber eine Basis für Erfolg oder können auch kleine, abgeschlossene Teams mit jungen Leuten hochinnovativ sein? Diese Frage versuchten Guimera und Kollegen, mit Blick auf den "Impact-Faktor", die Bedeutung wissenschaftlicher Publikationen, zu beantworten.

Ihr Ergebnis: Je mehr erfahrene Mitglieder im Team und je höher damit die Vernetzung, desto angesehener auch die Journale, in denen die Forschergruppen publizierten.
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Netzwerkanalyse: Soziale Dynamiken aus Daten ablesen
Die neuen Informationstechnologien haben nicht nur dazu geführt, dass von jedem einzelnen immer mehr Daten produziert werden, sondern dass diese Daten auch ausgewertet werden können. Egal, ob man mit Kredit- oder Kundenkarten bezahlt, im Internet surft oder publiziert, die Datenspuren liefern Einzelheiten zur Person inklusive ihrer sozialen Umgebung.

Die Netzwerkanalyse macht sich diese großteils öffentlich zugänglichen Daten zunutze und versucht, über ihre Auswertung mit eigenen Software-Programmen Netzwerke zu zeichnen und damit soziale Dynamik zu veranschaulichen.
->   Visone (ein einfaches Programm zur Auswertung sozialer Netzwerke) zum Gratis-Download
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Rezept für erfolgreiche Teamarbeit
Das Erfolgsrezept für Teams laut Guimera und Kollegen lautet demnach: Man nehme ein paar "alte Hasen", die sich nicht mit bestehenden Kontakten zufrieden geben, sondern gerne mit neuen erfahrenen Personen arbeiten, füge für die frischen Ideen Newcomer hinzu, lasse das Team in seinem Netzwerk arbeiten und betrachte das - laut Netzwerkanalyse überwiegend positive - Ergebnis.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 29.4.05
->   Northwestern University (Illinois, USA)
Mehr über Netzwerkanalyse in science.ORF.at:
->   Jugendliche wählen Partner nicht aus nahem Umfeld (4.2.05)
->   Netzwerke: Die Zukunft der Gesellschaft (1.12.04)
->   Wie man Netzwerke vor Katastrophen schützt (22.9.04)
->   Netzwerkanalyse: Macht ist robust und anpassungsfähig (31.8.04)
 
 
 
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01.01.2010