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3. Jahrestag: Bestattung der "Spiegelgrund"-Opfer  
  Erst vor drei Jahren wurden die sterblichen Überreste der "Spiegelgrund"-Opfer auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet. Anlässlich des Jahrestages der Bestattung fand Donnerstag eine Gedenkfeier statt.  
Der historische Hintergrund: Tausende Menschen wurden in der Zeit des Nationalsozialismus in der psychiatrischen Anstalt "Am Spiegelgrund" in Wien gequält und ermordet. Gewebsproben ermordeter Kinder wurden zur medizinischen Forschung missbraucht.
Mord im Dienst der "Wissenschaft"
789 Kinder wurden unter den Nationalsozialisten nachweislich "Am Spiegelgrund" ermordet, weil sie behindert waren oder als schwer erziehbar galten. Wolfgang Lamsa, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes:

"Oberhalb vom so genannten Spiegelgrund, einem Jugendfürsorgeheim, war eine Nervenklinik für Kinder. Dort sind mit den Kindern medizinische Experimente gemacht worden. Wenn die Experimente am lebenden Kind nichts mehr gebracht haben, dann sind die Kinder in den Pavillon XV verlegt worden und dort ermordet worden. Die ermordeten Kinder sind dann aber medizinisch weiter 'verwertet' worden - es wurden ihnen die Gehirne oder Nervenstränge entnommen."
Präparate auch nach 1945 missbraucht
Präparate wurden auch nach 1945 für medizinische Forschung missbraucht, Gewebsteile wurden Jahrzehnte gelagert. Erst vor drei Jahren sind die sterblichen Überreste am Wiener Zentralfriedhof bestattet worden.

"Kurz nach der Bestattung sind wir auf weitere 70 Gehirne gestoßen, die bis heute nicht zuordenbar sind. Es gibt keine Unterlagen oder Dokumente. Darauf hoffen wir aber, damit wir diese Gehirne letztendlich bestatten können." Vermutlich seien es keine ermordeten Kinder vom Spiegelgrund, sagt Wolfgang Lamsa vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Seit der Bestattung der Spiegelgrund-Opfer vor drei Jahren gibt es übrigens auch eine Ausstellung zur NS-Medizin in Wien; Ausstellungsort ist der damalige Spiegelgrund am Steinhof, das heutige Otto-Wagner-Spital.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft, 28.4.05
->   www.spiegelgrund.at
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Gedenkjahr 2005
In loser Folge erscheinen in science.ORF.at redaktionelle Texte und Gastbeiträge zu dem Schwerpunkt "Gedenkjahr 2005". Bisher erschienen:

Die UdSSR und Österreich in der Nachkriegszeit (27.4.05)
Christian Fleck: Österreichs Unis nach 1945 "selbstprovinzialisiert" (25.4.05)
Barbara Stelzl-Marx: "Russenkinder" zwischen Tabuisierung und Stigmatisierung (22.4.05)
Sieglinde Rosenberger: Geschichte als Projekt mit "Open End" (15.4.05)
Austrofaschismus: Politischer Wille zur Umgestaltung (7.4.05)
Michael John: Neo-Mythologisierung der Zeitgeschichte (18.3.05)
Materieller und geistiger Wiederaufbau Österreichs (16.3.05)
Siegfried Mattl: Beglaubigte Geschichte (9.3.05)
->   2005.orf.at
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01.01.2010