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Österreich "Musterknabe" bei Antibiotika-Verbrauch  
  Eine einfache Sache: Mehr Antibiotika-Gebrauch in Medizin und Viehzucht führt auch zu mehr resistenten und somit lebensgefährlichen Keimstämmen. Zwei in jüngerer Vergangenheit publizierte internationale Studien weisen Österreich in dieser Hinsicht als "Musterknaben" auf. Allerdings sollten Ärzte vor allem bei Breitbandmitteln vorsichtig sein.  
Erhebliches Problem
"Antibiotika-Resistenzen sind ein erhebliches Problem der öffentlichen Gesundheit. Die Verwendung von Antibiotika wird zunehmend als der hauptsächliche Selektionsdruck gesehen, der die Entstehung solcher Resistenzen vorantreibt", schrieb Herman Goossens von der Abteilung für Mikrobiologie der Universität Antwerpen vor einigen Wochen in der britischen Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet".
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Die Studie "Outpatient antibiotic use in Europe and association with resistance: a cross-national database study" von Herman Goossens und Kollegen ist am 12. Februar 2005 in "The Lancet" (Bd. 365, S. 579) erschienen.
->   Original-Abstract in "The Lancet"
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Drittgeringster Verbrauch Europas
Die Experten hatten - unter Beteiligung des Linzer Hygienikers Helmut Mittermayer vom Krankenhaus der Elisabethinen - den Antibiotika-Verbrauch an Hand von Tagesdosen pro 1.000 Einwohner in 26 europäischen Staaten berechnet und verglichen.

Das Ergebnis laut Mittermayer: "Wir liegen da in Österreich sehr günstig." Mit 13 Tagesdosen pro 1.000 Einwohner belegte Österreich - nur noch gefolgt von Estland und den Niederlanden - den drittletzten Platz.
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Beispiele aus der Rangliste
- Die meisten Antibiotika werden mit 32,2 Dosen pro Tag und 1.000 Einwohner in Frankreich verschrieben (es folgen Länder wie Griechenland, Portugal, Italien, Polen).
- Schweden, Ungarn und Norwegen sind mit 15 Einheiten im Mittelfeld anzutreffen.
- Deutschland liegt knapp vor Österreich (13 Tagesdosen), am Ende dann die Niederlande (zehn).
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Zu viele, zu teure Breitband-Penicilline
Allerdings, optimal sind die Verschreibungen in Österreich nicht. Im Vergleich zu Deutschland werden in der Alpenrepublik laut der Untersuchung mehr und teurere Breitband-Penicilline verordnet (z.B. Amoxicillin und Clavulansäure).

Dabei gibt es in Österreich laut Mittermayer nicht mehr resistente Keime als in Deutschland. Gerade die Verwendung breiter wirksamer Antibiotika kann aber zur Entstehung von resistenten Bakterien führen.
Studie bestätigt ...
Dass sich die Strategie der österreichischen Ärzte mit einer betonten Zurückhaltung gegenüber dem Gebrauch von Antibiotika auszahlt, geht auch aus der so genannten EARSS-Untersuchung hervor, die im vergangenen September veröffentlicht wurde.

Hier waren 51.000 Proben aus europäischen 26 Staaten (495 Krankenhäusern) von Staphylococcus aureus auf ihre Empfindlichkeit für Methicillin untersucht worden.

Resistenz dieser Bakterien gegen das Antibiotikum gilt als Charakteristikum für Multiresistenz, also Unempfindlichkeit gegen eine ganze Reihe von Antibiotika.
... gute Situation im Spital
Hier schnitt Österreich gut ab, aber nicht so gut wie Schweden oder die Niederlande. Anteil der resistenten Staphylococcus aureus-Stämme:

- Griechenland (2002): 48,6 Prozent (1999: 37 Prozent)
- Irland: 45 Prozent (39,4)
- Italien: 40 Prozent (35,2)
- Spanien: 23,5 Prozent (28,4)
- Deutschland: 19,4 Prozent (9,4)
- Slowenien: 14,7 Prozent (22,3)
- Österreich: 7,6 Prozent (7)
- Niederlande: 1 Prozent (0,4)
- Schweden: 0,7 Prozent (1,1)

Die schnellen Veränderungen geben Hinweis darauf, dass landesweit durch mehr Hygiene-Vorbeugemaßnahmen und vorsichtigere, das heißt bessere, Antibiotika-Verschreibungen die Situation auch schnell verbessert werden kann.

Wolfgang Wagner/APA,
science.ORF.at, 2.5.05
->   EARSS
->   science.ORF.at-Archiv zu Antibiotika
 
 
 
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01.01.2010