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Wiener Forscher erklären Augenkrankheit bei Maoris  
  Wiener Pharmakologen sind mit neuseeländischen Kollegen der Ursache einer vererbbaren Augenerkrankung in einer großen Maori-Familie auf die Spur gekommen. Schuld ist ein defekter Kalziumkanal.  
Schwere Fehlsichtigkeit
"Es handelt sich um einen hyperaktiven Kalziumkanal", sagte Projektleiter Steffen Hering, zugleich Leiter des Departments für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Wien, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Die Krankheit äußert sich durch schwere Kurz- und Weitsichtigkeit, Nachtblindheit und auch Autismus.

Für das Projekt kooperierte er mit der neuseeländischen Genetikerin Marion Maw von der Universität Otago.
Kalziumkanal schließt sich nicht
Ursache für den Defekt ist eine Mutation eines Proteins, das auf dem X-Chromosom lokalisiert ist. Diese Mutation führt laut Hering dazu, dass der Kalziumkanal auch dann offen bleibt, wenn Licht auf die Retina des menschlichen Auges fällt.

Im Gegensatz dazu schließt sich der gesunde Kanal und das Auge kann auch bei Nacht sehen.
Netzhaut-Rezeptoren werden "überlaufen"
Hering: "Durch diese hyperaktiven Kanäle werden die Rezeptoren der Netzhaut regelrecht von Kalzium überlaufen und der Sehvorgang empfindlich gestört."

Die Störungen führen aber nicht nur zu Nachtblindheit. Die betroffenen Männer können auch schlecht Farben sehen und sind zumeist schwer weitsichtig. Die Frauen sind dagegen stark kurzsichtig.
Auch Autismus als Folge
Eine weitere Folge des Defekts, für den es noch nicht einmal einen Namen gibt, ist laut Hering aber auch Autismus. Von den 20 betroffenen Männern der untersuchten 36-köpfigen Familie sind drei autistisch, zwei weitere geistig stark zurückgeblieben, erklärte die Genetikerin Marion Maw, die via Telefon aus Neuseeland zugeschaltet war.
Schadhaftes Gen soll gefunden werden
Sie erklärte auch, dass die Maori bisher geglaubt hatten, mit dem Augenleiden "für eine Verfehlung eines ihrer Vorfahren bestraft" worden zu sein. Jetzt sollen genetische Tests durchgeführt werden, um festzustellen, wer in der Familie, das schadhafte Gen in sich trägt.
Suche nach Therapie
Hering: "Weiters werden wir das Protein pharmakologisch untersuchen, um festzustellen, ob es eine Therapie etwa in Form von Tropfen dagegen gibt

"Er könne auch nicht ausschließen, dass der Kalziumstoffwechsel an "normaler" Weitsichtig- oder Kurzsichtigkeit beteiligt sei.

[science.ORF.at/APA, 19.5.05]
 
 
 
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01.01.2010