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Erstmals Stammzellen von Kranken geklont  
  Südkoreanische Wissenschaftler haben laut einer Studie in "Science" erstmals Stammzellen kranker Menschen geklont. Damit könnte diesen Patienten eines Tages eine Therapie mit Hilfe ihrer körpereigenen Zellen angeboten werden, meinte der Projektleiter Hwang Woo Suk von der Nationalen Universität in Seoul. Aber auch Bedenken werden laut: Ethiker stellen die Praxis der Eizellenspende und die "verheißungsvolle" Sprache der Wissenschaft in Frage.  
Fachkollegen von Hwang zeigen sich positiv überrascht von der nun publizierten Arbeit: Sie sprechen von einer "spektakulären" Arbeit. So gab etwa der renommierte Reproduktionsmediziner Gerald Schatten von der Universität Pittsburgh zu, "mit einem solchen Durchbruch frühestens in Jahrzehnten gerechnet" zu haben.
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Der Artikel "Patient-Specific Embryonic Stem Cells Derived from Human SCNT Blastocysts" von Woo Suk Hwang und Kollegen ist am 20. Mai 2005 in in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsjournals "Science" ("Science Express") erschienen (10.1126/science.1112286).
->   Artikel zum Thema in "Science Express"
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Schon 2004 Embryo zur Gewinnung von Stammzellen geklont
Das Team um den Tiermediziner Hwang und den Gynäkologen Shin Yong Moon war schon im vergangenen Jahr aufgefallen: Ihnen war es gelungen, einen menschlichen Embryo zu klonen, um für therapeutische Zwecke Stammzellen zu gewinnen - also Zellen, die sich zu jeder beliebigen spezialisierten Körperzelle weiterentwickeln können.

Der Prozess war jedoch äußerst schwierig: Insgesamt wurden 242 Eizellen verwendet, bevor ein einziger Embryo entstand. Außerdem besteht beim medizinischen Einsatz solcher Stammzellen die Gefahr, dass sie vom Körper des Empfängers abgestoßen werden.
->   Koreanische Forscher klonten menschlichen Embryo (12.2.04)
Nun wurden körpereigene Stammzellen geklont
Nun aber gelang es den Koreanern, die körpereigenen Stammzellen von Erkrankten verschiedener Altersgruppen zu klonen. Das Team entkernte 185 Eizellen junger Spenderinnen und verschmolz sie mit je einer Hautzelle von elf Patienten.

Diese rangierten im Alter zwischen zwei und 56 Jahren, waren männlich oder weiblich und litten unter einer von drei bisher unheilbaren Krankheiten: einer Querschnittslähmung, dem ererbten Diabetes-Typ 1 oder der Immunkrankheit Hypogammaglobulinämie.
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Erbmaterial "verpflanzt"
Hwang und Shin setzten das Erbmaterial aus den Hautzellen in die entkernten Eizellen. Aus ihnen gingen Embryonen im frühen Stadium (Blastozysten) hervor, aus denen die Forscher je eine Stammzelllinie für ihre Patienten gewannen.

Das heißt, jeweils eine Stammzelllinie hat dasselbe Erbmaterial wie der Kranke, von dem die entsprechende Hautzelle stammte.
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Langer Weg bis zu Therapie
Sollte es gelingen, die geklonten Stammzellen dieser Patienten gezielt einzusetzen, könnte es eines Tages möglich sein, körperliche Defekte mit Hilfe einer Regeneration der eigenen Zellen zu beheben.

Bis zur Therapie ist es allerdings noch ein langer Weg. So enthalten die gewonnen Stammzellen wahrscheinlich dieselben genetischen Defekte wie die Patienten mit Erbkrankheiten und sind daher nicht direkt zur Heilung einsetzbar. Zudem sind vom Gewinnen der Stammzellen bis zum erfolgreichen Einsatz im Patienten noch mehrere Schritte nötig.
Frische Zellen von jungen Frauen verwendet
Dass die Forscher aus Seoul ihre Erfolgsrate - so gelang ihnen dieses Mal mit durchschnittlich jeder 17. Eizelle die Züchtung einer Stammzelllinie - dermaßen schnell steigern konnten, führen sie darauf zurück, dass sie jetzt frische Eizellen von freiwilligen Spenderinnen meist unter 30 Jahren benutzen und nicht ältere, die von Fruchtbarkeitsbehandlungen übrig geblieben waren und teils Jahre auf Eis lagen.
Ethische Debatte wird angeheizt
Sicher ist: Die Vorgangsweise von Hwang und Kollegen wird die ethische Debatte rund um das Thema Klonen"wieder anheizen.

So weisen Mildred Cho und David Magnus vom Zentrum für biomedizinische Ethik der Universität Stanford in einem den "Science"-Artikel begleitenden Kommentar darauf hin, dass die Spende von Eizellen durch Frauen, die sich keiner Behandlung gegen Unfruchtbarkeit oder künstlichen Befruchtung unterziehen, eigentlich den klinischen Standards widersprechen.
Frauen müsste von der Eizellenspende abgeraten werden
Genaugenommen wäre es die Aufgabe von Medizinern, diesen völlig gesunden Frauen vom Eingriff abzuraten. Schließlich leiden Studien zufolge zwischen fünf und zehn Prozent der Frauen, die sich der für die Spende nötigen Hormonbehandlung unterziehen, unter einem so genannten Hyperstimulationssyndrom, das Schmerzen und manchmal sogar Unfruchtbarkeit auslösen kann.
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Der Beitrag "Issues in Oocyte Donation for Stem Cell Research" von Mildred Cho und David Magnus ist ebenfalls in "Science Express" erschienen (doi:10.1126/science.1114454).
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Spenderinnen realistisch informieren
Unbedingt nötig sei jedenfalls, dass den Spenderinnen vor der Behandlung klargemacht wird, dass sie einen Beitrag zur Grundlagenforschung leisten und von einer therapeutischen Anwendung noch keine Rede sein kann.

In diesem Sinn müssten auch die Wissenschaftler selbst ihre Sprache überdenken und Spekulationen über eine Anwendung am Patienten klar verständlich als derzeit unrealistisch ausweisen.

Damit könnte auch die Gefahr verringert werden, dass Frauen sich zur Eizellenspende genötigt fühlen, weil es in ihrer nahen Verwandtschaft Krankheitsfälle gibt, deren Heilung durch eine Form von "Gentherapie" versprochen wird.

[science.ORF.at/APA/AP/dpa, 20.5.05]
->   Zentrum für biomedizinische Ethik (Stanford Universität)
->   Nationale Universität Seoul
->   Mehr zum Stichwort Klonen im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010