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Europäisches Schadenersatzrecht wird vereinheitlicht  
  Am 19. und 20. Mai stellt eine Gruppe internationaler Schadenersatz-Experten, ihren Entwurf von Grundsätzen eines europäischen Schadenersatzrechtes in Wien vor. Mit diesen "Principles of European Tort Law" wird erstmals ein Gesamtkonzept für eine künftige Vereinheitlichung des Haftungsrechtes in Europa vorgelegt, wie der Rechtswissenschaftler Bernhard Koch in einem Gastbeitrag ausführt.  
Principles of European Tort Law
Von Bernhard Koch

Die künftige Vereinheitlichung des Haftungsrechtes muss aber nach der Intention der Verfas-ser nicht unbedingt über die Gesetzgebung der EU erreicht werden, die bislang auf diesem Gebiet höchst uneinheitlich war. Der Entwurf kann auch Grundlage für Aktualisierungen dieses Rechtsbereiches auf nationaler oder internationaler Ebene bilden, ob in Einzelfragen oder im Wege einer Gesamtrevision, wie sie etwa auch in Österreich derzeit vorbereitet wird.
Unterschiedliche Regelungen
Der nunmehr präsentierte Entwurf basiert auf umfassenden rechtsvergleichenden Untersuchungen der verschiedenen Rechtssysteme, die sich bei der Frage des Ersatzes von Schäden zwar in vielen, aber keineswegs in allen Punkten gleichen.

So war es von vornherein unmöglich, nur den status quo zu erheben, da gerade in zentralen Punkten gravierende Abweichun-gen festzustellen waren. Zudem mussten manche Probleme neu überdacht werden, da die bisherigen Lösungsvorschläge der verschiedenen Ländern als nicht mehr passend erachtet wurden.

Die "Principles of European Tort Law" sind somit keine bloße Bestandsaufnahme, sondern eine Weiterentwicklung der europäischen Haftungssysteme.

Obwohl notwendigerweise in Gesetzessprache geschrieben, ist das primäre Anliegen der Autoren eine Diskussion zur Fortentwicklung des Schadenersatzrechtes in ganz Europa in Hinblick auf eine zukünftige Vereinheitlichung.
Vorarbeiten seit zwölf Jahren
Die "European Group on Tort Law" ist eine private Vereinigung von Wissenschaftlern, die 1992 von Jaap Spier in den Niederlanden gegründet wurde. Sie hat derzeit zwanzig Mitglieder, darunter die Österreicher Helmut Koziol (Wien) und Bernhard Koch (Innsbruck).

Es sind aber nicht nur Europäer, sondern auch Experten aus den international in diesem Bereich besonders interessanten Rechtsordnungen der USA, Südafrikas und Israels vertreten.

Seit ihrer Gründung hat die Gruppe die wichtigsten Teilaspekte des Haftungsrechtes in gesonderten Studien untersucht, die von Anfang an als Vorarbeiten für jenes Hauptunterfangen gedacht waren, dessen Ergebnisse nunmehr vorgestellt werden.
Institutionelle Basis in Wien
Im Jahre 1999 hat die European Group on Tort Law als institutionelle Basis das Europäische Zentrum für Schadenersatz- und Versicherungsrecht (ECTIL) gegründet, das seinen Sitz in Wien hat.

Dieser think tank arbeitet neben der Vereinheitlichung des Schadenersatz-rechtes an einer Vielzahl von weiteren Forschungsprojekten und hat dazu schon eine Reihe von Publikationen herausgebracht, etwa zur Arzthaftung oder zur Haftung für Terrorschäden.

Seit drei Jahren arbeitet ECTIL eng mit der damals neu gegründeten Forschungsstelle für Europäisches Schadenersatzrecht der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zusammen.

Abgesehen von gemeinsamen Forschungsprojekten treten die beiden Einrichtungen ebenso als Veranstalter von Fachtagungen auf. Dazu zählt nicht nur die heutige Konferenz, sondern etwa auch eine alljährliche Tagung zu aktuellen Entwicklungen des Haftungsrechtes in ganz Europa.

[19.5.05]
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Zum Autor
1998 Habilitation, Lehrbefugnis für Bürgerliches Recht und Rechtsvergleichung (Universität Innsbruck, Österreich)
Seit 2003 Universitätsprofessor, seit 2004 Stv. Direktor der Forschungsstelle für Europäisches Schadenersatzrecht der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Forschungsschwerpunkte: Privatrecht, Rechtsvergleichung, insb. Schadenersatz- und Liegenschaftsrecht.
->   Weitere Informationen zum Autor
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->   Konferenz: Principles of European Tort Law
->   European Group on Tort Law
->   Europäisches Zentrum für Schadenersatz- und Versicherungsrecht
->   Forschungsstelle für Europäisches Schadenersatzrecht der ÖAW
 
 
 
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01.01.2010