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AIDS-Kongress: HI-Viren sind "hoch bewegliche Ziele"  
  Zumindest in den westlichen Industriestaaten sind HIV-Infektionen direkt für weniger Todesfälle verantwortlich als noch vor einigen Jahren. Das liegt an der verbesserten AIDS-Therapie. Doch gerade weil die Infizierten länger überleben, werden andere Krankheiten und vor allem die zunehmenden Resistenzen der HI-Viren gegen die Medikamente wichtiger.  
Das erklärten Fachleute am Mittwoch zu Beginn des deutsch-österreichischen AIDS-Kongresses (bis 4. Juni) in der Wiener Hofburg.
13 Prozent gegen zwei Wirkstoffklassen resistent
"Mit Sorge beobachten die HIV-Mediziner, dass in Deutschland 16 Prozent der HIV-Infizierten gegen eine anti-retrovirale Substanzklasse resistent sind."

Bei 13 Prozent der Teilnehmer lägen sogar Resistenzen gegen zwei Wirkstoffklassen vor, stellten die Kongresspräsidentin, die Wiener Spezialistin Brigitte Schmied, sowie ihr Stellvertreter, der deutsche Experte Norbert Brockmeyer, in einer schriftlichen Erklärung fest.
Verschiebung der Todesfälle zu "anderen Erkrankungen"
Wie sehr sich das Bild gewandelt hatte, belegt auch die Euro-SIDA-Studie, in der seit 1994 in Europa die Todesursachen von HIV-Patienten analysiert werden.

1994/95 waren knapp 60 Prozent der Todesfälle von AIDS-Kranken direkt auf HIV zurückzuführen bzw. damit in Verbindung zu bringen. 20 Prozent machten andere Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden, Hepatitis etc. aus. Bei 20 Prozent war die Ursache nicht bekannt.

Im Zeitraum 1998 bis 2002 hingegen machten HIV-assoziierte Todesfälle nur noch 25 Prozent aus. Hingegen starben AIDS-Kranke zu etwa 45 Prozent an anderen Erkrankungen (Rest: unbekannt).
->   Mehr über AIDS in Medicine-Worldwide.de
Gefahr durch Resistenzen
Moderne Behandlungsmethoden - zumeist eine Kombination aus Polymerase- und Protease-Hemmstoffen, welche diese Enzyme der HI-Viren blockieren - haben AIDS in jenen Staaten, die sich die Therapie leisten können und sie auch breit zur Verfügung stellen, zunehmend zu einer chronischen Erkrankung werden lassen, die beherrscht werden kann.

Kopfzerbrechen bereiten aber die immer häufiger auftretenden resistenten AIDS-Viren.
Richtiger Mix aus Medikamenten gefragt
Die Therapie wird immer komplexer. Es kommt auf den richtigen Mix aus den rund 20 zur Verfügung stehenden AIDS-Medikamenten an, weil manche Mutationen der HI-Viren diese wiederum für andere Medikamente empfindlicher machen.

Durch die Dauer-Exposition der HI-Viren gegenüber den AIDS-Medikamenten verschiebt sich offenbar auch das Spektrum der in Europa vorkommenden Erregervarianten.
Immer mehr Subtypen ...
Der israelische Experte Jonathan Schapiro (Tel Aviv): "Wir kennen bereits zehn HIV-Subtypen. Der Subtyp B war in Europa besonders häufig. Jetzt aber weisen die Patienten in manchen Zentren bereits zu 50 Prozent andere Virusvarianten auf."
... erschweren Therapie
Das bedeutet zum Teil auch eine völlig andere Situation für die Therapie: Untersucht man HI-Viren vom Subtyp B auf das Vorkommen von Resistenzgenen gegen das AIDS-Medikament Nelfinavir, so weisen diese 14 auf (nach längerer Therapie 27 Prozent).

Doch auch wenn AIDS-Viren vom Subtyp C noch nie mit AIDS-Medikamenten in Kontakt gekommen waren, besitzen sie bereits zu 96 Prozent von Beginn an ein solches Resistenzgen.

Das bedeutet, dass man mit den AIDS-Viren in Sachen zielgenauer Therapie hoch bewegliche "Ziele" vor sich hat, die sich ständig verändern.

[science.ORF.at/APA, 1.6.05]
->   Informationen zum Kongress
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->   Rückschlag: AIDS-Impfstoffe fördern Infektion (25.5.05)
->   Mehr über AIDS im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010