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Habermas: Europa derzeit ohne Perspektive  
  Der deutsche Philosoph Jürgen Habermas hat eine engere Zusammenarbeit der EU-Gründungsmitglieder als Ausweg aus dem Nein zur europäischen Verfassung vorgeschlagen.  
Zwar stünden Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac politisch mit dem Rücken zur Wand.

Doch Schröder und sein Außenminister Joschka Fischer könnten den bevorstehenden Wahlkampf dazu nutzen, "eine hoffnungsvollere Alternative zum lähmenden Szenario zu zeichnen" und so ihrem Abgang "Kontur" geben, schrieb der 75-Jährige in der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe).
Gerüst von Grundnormen wäre nötig
Den Europäern fehle eine Perspektive, "warum Europa jetzt eine Verfassung braucht", schrieb der Soziologe und Philosoph weiter. Der Entwurf sei unlesbar, weil er am "Gestrüpp internationaler Verträge festhält und nicht wie jede echte Verfassung ein transparentes Gerüst von Grundnormen darstellt".

Europas Bürger wollten wissen, wohin ein Projekt, das täglich in ihr Leben eingreift, führen soll. Dies hätten die Politiker nicht verstanden. "Jetzt kehrt ihnen das bockige Wahlvolk den Dreck, den sie seit Jahrzehnten unter den Teppich gekehrt haben, vor die eigene Tür".
Weiter Abhängigkeit von USA
Viele Anhänger der Nationalstaaten fürchteten eine weitergehende Übertragung von Souveränitätsrechten auf die europäische Ebene und geben die Parole aus, dass es kein "europäisches Volk" gibt.

Angesichts des Ausgangs der Volksbefragungen werden sich nun auch die Regierungen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland bei der weiteren europäischen Integration zurückhalten. Damit werde sich die EU weiter in Abhängigkeit der USA begeben, betonte Habermas.

[science.ORF.at/APA, 6.6.05]
->   "Süddeutsche Zeitung"
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01.01.2010