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Wissenschaftler produzierten "falsches" Grabtuch  
  Französische Wissenschaftler haben im Auftrag einer Zeitschrift ein "Turiner Grabtuch" hergestellt, das nach ihren Angaben alle Eigenschaften der in Turin aufbewahrten Reliquie aufweist.  
Einzig mit im Mittelalter vorhandenen Mitteln
Wie französische Medien am Mittwoch unter Berufung auf die Zeitschrift "Science et Vie" berichteten, sei die Herstellung mit im Mittelalter vorhandenen Mitteln möglich gewesen, meldete die Nachrichtenagentur kathpress.

Die populärwissenschaftliche Zeitschrift will in ihrer am Freitag erscheinenden Ausgabe ein Dossier zur Auseinandersetzung um die Echtheit des Grabtuchs veröffentlichen. Nach Ansicht vieler gläubiger Christen ist die "Santa Sindone" das Grabtuch, in das der Leichnam Christi nach der Kreuzigung gehüllt wurde.
Übersteht selbst Hitze von 250 Grad
Bei dem Experiment der französischen Wissenschaftler wurde laut kathpress ein feuchtes Leinentuch über ein Relief mit der Darstellung eines bärtigen Mannes gelegt. Mit Eisenoxid gefärbt, habe die Darstellung auf dem Tuch anschließend auch mehrfaches Waschen und Erhitzen auf 250 Grad überstanden.

Grund dafür seien die im Mittelalter weit verbreiteten Bindemittel. Die "Science et Vie"-Leute verlangten ultimativ, bei Ausstellungen der "Sindone" müsse darauf hingewiesen werden, dass Papst Clemens VII. bereits 1390 entschieden habe, das Grabtuch sei nicht echt.
Geheimnisumwitterte Herkunft
Das Grabtuch wird seit 1578 im Turiner Dom in einer eigenen Kapelle aufbewahrt. Es wurde zuletzt in den Jahren 1998 und 2000 öffentlich gezeigt. Damals kamen insgesamt 3,5 Millionen Menschen in die piemontesische Hauptstadt, um das Leinen mit dem mutmaßlichen Abdruck des gekreuzigten Jesus zu sehen.

Die Herkunftsgeschichte der "Sindone" ist geheimnisumwittert. Viele Fehlmeinungen von Agnostikern gehen allerdings darauf zurück, dass sie die Geschichte des Grabtuchs erst ab seinem Auftauchen im Westen im Blick haben.
Ursprünglich in Anatolien
Mittlerweile werden auch die östlichen Quellen über das Grabtuch erschlossen. Das Tuch dürfte ursprünglich in Edessa (heute: Urfa) in Anatolien aufbewahrt worden sein, einer Hochburg des syrischen Christentums seit dem ersten Jahrhundert.

Von dort könnte es in die Hauptstadt, nach Konstantinopel, gelangt und nach der lateinischen Eroberung von einer im südlichen Griechenland begüterten "fränkischen" Familie in Besitz genommen worden sein. Über diese Familie und ihre Verwandtschaftsbeziehungen nach Frankreich dürfte es vor der osmanischen Eroberung in den Westen gelangt sein.
Chemische Untersuchungen schätzen Alter auf 2.000 Jahre
Das 4,36 mal 1,10 Meter große Leinentuch zeigt den Doppel-Abdruck eines kräftig gebauten, 1,81 Meter großen Mannes mit Bart und langem Haar. Einig sind sich die Forscher, dass der "Mann des Grabtuchs" alle Merkmale der in der Bibel beschriebenen Kreuzigung aufweist.

Chemische Untersuchungen von Staub- und Blütenpartikel weisen auf einen Entstehungszeitraum vor 2.000 Jahren und den Vorderen Orient hin.
Anderes Resultat mit C-14-Methode
Eine 1988 durchgeführte Untersuchung des Grabtuchs nach der C-14-Methode hatte das Grabtuch dagegen auf das Mittelalter datiert. Dieses Resultat war von der Kirchenleitung, aber auch von zahlreichen Forschern bezweifelt worden.

Das Ergebnis sei durch chemische und biologische Verunreinigungen durch frühere Restaurierungsarbeiten und durch Löschwasser beeinträchtigt worden, hieß es aus Expertenkreisen.

[science.ORF.at/APA, 22.6.05]
->   Offizielle Website des Grabtuchs
->   "Science et Vie"
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Turiner Grabtuch doch keine Fälschung? (27.1.05)
 
 
 
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01.01.2010