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Superfluidität von ultrakaltem Gas endgültig nachgewiesen  
  Mit der Erzeugung von so genannten superfluiden Gasen erregten Forscher um den Innsbrucker Physiker Rudolf Grimm im Jahr 2004 weltweit Aufsehen. Ihre Arbeit wurde von der Fachzeitschrift "Science" in die Top-10 Physik-Erfolgsgeschichten des Jahres aufgenommen. Nun wurden die Experimente von Physikern des renommierten M.I.T. in Cambridge (USA) eindrucksvoll bestätigt.  
"Wir konnten die Superfluidität im Vorjahr nur indirekt nachweisen, nun ist den Kollegen die direkte Beobachtung gelungen", gab sich Grimm gegenüber der APA erfreut.
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Die Studie "Vortices and superfluidity in a strongly interacting Fermi gas" von M. W. Zwierlein, erschien im Fachjournal "Nature" (Band 435, S. 1047-51; doi:10.1038/nature03858).
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Fließen ohne Reibung
Generell sind die Untersuchungen rund um die Superfluidität nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für Ingenieure und Technologen höchst interessant. Superfluidität bedeutet nämlich, dass etwa Flüssigkeiten ohne jeden Reibungsverlust fließen und sogar die Wand eines Probengefäßes hinauf klettern können.
->   Superfluidität bei Wikipedia
Das Bose-Einstein-Kondensat
Die Untersuchungen drehen sich rund um das Phänomen des so genannten Bose-Einstein-Kondensats (BEC). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorhergesagt, konnte es vor knapp zehn Jahren erstmals im Experiment an Rubidiumgas nachgewiesen werden.

Im Zustand des BEC verlieren Teilchen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt quasi ihre Identität und beginnen im Gleichmarsch zu funktionieren. Auch bewegen sich die Teilchen wie ein einziges völlig widerstandslos, also ohne Reibung. BEC wird als völlig eigener Zustand der Materie - neben gasförmig, fest oder flüssig - angesehen.
->   Mehr zum BEC (Uni Bonn)
Zwei Teilchengruppen: Bosonen und Fermionen
Allerdings kann BEC nur mit Bosonen erreicht werden. Mit Fermionen gelingt das prinzipiell nicht. Diese beiden Teilchen-Gruppen unterscheiden sich durch den so genannten Spin.

Nach einem quantenmechanischen Gesetz können sich nicht zwei oder mehr Fermionen auf dem gleichen Energieniveau befinden (Pauli-Prinzip) und beim BEC befinden sich alle Teilchen im niedrigsten Energieniveau.

Bosonen sind Teilchen oder auch Atome mit "ganzzahligem Spin" oder anders ausgedrückt: Sie setzen sich aus einer geraden Zahl von Protonen, Neutronen und Elektronen zusammen. Bosonen, die auch gerne von Experimentalphysikern verwendet werden, sind beispielsweise Heliumatome und Heliumkerne. D

ie Gegenstücke zu den Bosonen sind Fermionen, diese besitzen dementsprechend eine ungerade Zahl dieser Teilchen. Einzelne Protonen, Neutronen und Elektronen sind demnach stets Fermionen.
->   Anschauliches zu Bosonen und Fermionen (mpg.de)
Trick: Zwei Fermionen ergeben ein Boson
Mit einem Trick schaffte Grimm mit seinen Mitarbeitern im Vorjahr aber das eigentlich Verbotene, die Forscher verhalfen nämlich Fermionen in den Zustand des BEC. Die Erklärung für das Experiment ist - jedenfalls im Prinzip - relativ einfach:

Die Physiker erzeugen aus einem fermionischen Gas aus Lithium-6-Atomen (drei Protonen, drei Neutronen, drei Elektronen) paarweise Moleküle und somit bosonische Teilchen, weil aus zwei Teilchen mit halbzahligen Spin ein Molekül mit ganzzahligen Spin wird.

Mittels Variation der Stärke eines Magnetfeldes kann die Umwandlung in Fermi-Kondensate wie mit einem Drehschalter gesteuert werden.
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Zur vorliegenden Studie verfasste Rudolf Grimm den Begleitartikel "A quantum revolution", der ebenfalls in "Nature" erschien (Band 435, S. 1035-6).
->   Zum Artikel
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Direkter Nachweis nun gelungen
Während die Innsbrucker die Superfluidität nur spektroskopisch nachweisen konnten, gelang es M.I.T.-Forschern um Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle nun, das Phänomen in Form von regelmäßig angeordneten Wirbeln - vergleichbar mit einem Whirlpool - im ultrakalten Gas zu beobachten. "Damit ist die Superfluidität endgültig nachgewiesen", so Grimm.

[science.ORF.at/APA, 22.6.05]
->   Arbeitsgruppe von Rudolf Grimm (Uni Innsbruck)
->   Arbeitsgruppe von Wolfgang Ketterle (MIT)
Mehr zu diesem Thema in science.OF.at:
->   "Science" kürt Top-Wissenschaft 2004 (17.12.04)
->   Ultrakalte Gase: Forscher stellen neuartige Teilchensysteme her (3.5.04)
->   Neuer Materiezustand: Erstes fermionisches Kondensat hergestellt (30.1.04)
->   "Supersolid": Festkörper in neuem Materiezustand (15.1.04)
->   Erstes Bose-Einstein-Kondensat aus Molekülen erzeugt (13.11.03)
 
 
 
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01.01.2010