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Sucht: Stiefkind der biologischen Psychiatrie  
  Depression, Zwangs- und Angststörungen, Schizophrenie und Suchterkrankungen sind die Schwerpunktthemen des 8.Weltkongresses für biologische Psychiatrie, der seit Dienstag in Wien stattfindet.  
Wie schon der Name dieser medizinischen Disziplin sagt, geht es ihr vor allem darum, die möglichen biologischen Ursachen für diese Erkrankungen fest zu machen. Was man heute darüber weiß, verdankt die Medizin nicht zuletzt den modernen Bild gebenden Verfahren, die es erlauben feinste hirnphysiologische Prozesse sichtbar zu machen.
Gehirnprozesse sichtbar machen
Viele psychiatrische Erkrankungen sind auf Unter- oder Überfunktionen in verschiedenen Hirnarealen zurück zu führen. Inwieweit im Gehirn ablaufende Prozesse von der Norm abweichen, das kann man heute in vielen Bereichen etwa durch Computertomografie oder Magnetresonanztomografie sichtbar machen.

Diese Techniken nützt man auch um zu kontrollieren, wie bestimmte Medikamente wo im Gehirn wirken, wodurch die Entwicklung neuer Medikamente erleichtert wird.
Viele neue Medikamente stehen vor Zulassung
Das mag einer der Gründe sein, warum - wie bei beim Weltkongress für biologische Psychiatrie zu hören ist - so viele neue Medikamente vor der Zulassung stehen.

Ein anderer Grund ist wahrscheinlich die große Nachfrage, sodass sich die Entwicklungskosten rechnen.

Denn immerhin sollen nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation die Depressionen schon bald die zweit-häufigsten Erkrankungen nach den Herz-Kreislauferkrankungen sein.
Vernachlässigte Drogenerkrankungen
Aber nicht in allen Bereichen psychischer Erkrankungen wird in die Entwicklung neuer Medikamente investiert, sagt der Psychiater Siegfried Kasper von der Universitätsklinik für Psychiatrie Wien im Gespräch mit Ö1:

"Am meisten müsste sich etwas tun im Bereich der Drogenerkrankungen. Für die Depression gibt es ungefähr 40 sehr gut untersuchte Medikamente, für die Drogenerkrankung gibt es zwei /drei sehr, sehr schlecht untersuchte Medikamente."
Fehlende Lobby
Ob dieses Defizit wohl damit zu tun haben könnte, dass Suchtkranke - die Betonung liegt auf Kranke - nicht die nötige Lobby haben.

Müssten sich da - abseits der Pharmaindustrie - nicht universitäre Einrichtungen wie etwa die Universitätsklinik für Psychiatrie stärker für diese Randgruppe machen. Siegfried Kasper, der auch als Kongress-Organisator firmiert: "Unsere Klinik ist führend auf dem Gebiet der Drogenforschung, aber trotzdem ist es nach wie vor noch zuwenig wenn man den Vergleich mit den anderen psychiatrischen Erkrankungen anschaut."

Evelyne Schütz, Ö1 Wissenschaft, 28.6.05
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01.01.2010