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Wie wahrscheinlich ist der "Weltuntergang"? (II)  
  Woran wird die Menschheit zugrunde gehen? Im zweiten Teil der Expertenbefragung zu Weltuntergangsszenarien geht es um Terrorismus, Nuklearkrieg, Roboter, Schwarze Löcher und kosmische Strahlung.  
->   Teil 1: Meteroriten, Supervulkane, Klimawandel, Telomere, Epidemien
6. Terrorismus: Strategie, keine Struktur
Otmar Höll, Direktor des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (OIIP): "Es gibt keine weltweit gültige Definition von Terrorismus. Einig ist man sich nur, dass beim Terrorismus die Opfer von Attacken unbeteiligte Zivilisten sind. In Europa hatten wir bis zum Westfälischen Frieden 1648 Konflikte von Dynastien, die ihre Untertanen in die Schlacht schickten. Nach der Gründung der Nationalstaaten gab es internationale Kriege gegeneinander.

Heute sehen wir Terror als Strategie der 'Schwachen gegen die Starken' - also asymmetrische
Konflikte: die ETA in Spanien, die IRA in Nordirland, die UCK im Kosovo, der Israel-Palästina-Konflikt. Terrorismus ist eine Strategie und keine Struktur, es gab ihn schon immer. Terrorbekämpfung sollte nicht nur militärisch, sondern in vielfältiger Weise geschehen.

Um den Menschen bei uns die daraus resultierende Fremdenfeindlichkeit zu nehmen, muss man sie mit fremden Kulturen gezielt und vorsichtig in Kontakt bringen, ohne sie zu überfordern. Vorurteile verstärken sich vor allem aus der Distanz."
->   Otmar Höll (OIIP)
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Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 70 Jahren der asymmetrische Konflikt als Strategie zunehmen wird: mittel bis hoch
Auslöschungspotenzial: 2
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7. Roboter: Übernehmen die Kontrolle
Hans Moravec ist Professor am Roboterinstitut der Carnegie Mellon University in Pittsburgh (USA): "Bei der Steuerung von Robotern wird die Stärke des Prozessors mittlerweile alle ein bis zwei Jahre verdoppelt, und damit auch die mögliche Komplexität.

Derzeit befinden sich Roboter auf dem Niveau niedriger Wirbeltiere, aber in einem halben Jahrhundert sollten sie uns einholen. Ich prophezeie, dass es im Jahr 2050 Roboter geben wird, die eine dem Menschen vergleichbare Geistesstärke aufweisen. Sie werden die Fähigkeit haben zu abstrahieren und zu generalisieren.

Diese intelligenten Maschinen werden durch uns wachsen, unsere Fähigkeiten erlernen und unsere Wertvorstellungen und Ziele teilen. Sie werden unsere Erben sein und uns die Gelegenheit bieten, uns selber in die Unsterblichkeit zu katapultieren: indem wir unser Wesen an diese fortgeschrittenen Roboter weitergeben."
->   Hans Moravec (Carnegie Mellon University)
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Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 70 Jahren superintelligente Roboter die Macht übernehmen: hoch
Auslöschungspotenzial: 8
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8. Nuklearkrieg: Gefahr durch "schmutzige Bomben"
Brigadier Gerald Karner, Leiter der Abteilung Militärstrategie im Ministerium für Landesverteidigung (BMLV): "Der nukleare Weltuntergang ist eigentlich ein veraltetes Szenario. Nur ein Krieg der alten Atommächte USA und Russland unter Beteiligung von Großbritannien, Frankreich und China könnte das bewirken. Es ist aber in der Praxis unwahrscheinlich, dass jemand auf moderne Atomwaffen unbefugt zugreifen kann oder sie unbeabsichtigt auslöst.

Problematisch sind eher die neuen Atommächte Indien, Pakistan, Nordkorea und möglicherweise auch Israel, die sich vertraglich nicht gebunden fühlen. Diese Staaten beweisen, dass sich Bauteile, Fachwissen und Technologie für Atomwaffen unkontrolliert ausgebreitet haben und ausbreiten.

Fest steht, dass Schmuggel von nuklearem Material und Know-how-Transfer nicht mehr kontrollierbar sind. Eine kriminelle Gruppierung mit entsprechenden Geldmitteln kann all das besorgen. Eine wirkliche Gefahr sind daher 'schmutzige Bomben', die mit radiologischem Abfall, dessen Handhabung nicht so stark kontrolliert wird, befüllt große Gebiete verstrahlen können."
->   BMLV
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Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 70 Jahren die Erde durch einen nuklearen Krieg ausgelöscht wird: sehr gering
Auslöschungspotenzial: 10
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9. Kosmische Strahlung
Sabine Schindler, Vorstand des Instituts für Astrophysik an der Universität Innsbruck: "Sehr massereiche Sterne beenden ihr 'Leben' als Supernovae, das sind gewaltige kosmische Explosionen. Manche dieser Explosionen sind verbunden mit gigantischen Gamma-Strahlen-Ausbrüchen.

Trifft diese intensive Strahlung auf die Erde, führt das zu einer großflächigen Zerstörung der schützenden Ozonschicht für die folgenden zehn Jahre - dies führt zu einer erhöhten UV-Einstrahlung, welche die DNA aller Lebewesen schädigt. Zusätzlich wird in der Atmosphäre vermehrt Stickstoffdioxid gebildet, welches die generelle Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche vermindert. Eine Eiszeit wäre die Folge.

Bei einem Szenario dieser Größe würde etwa ein Drittel des Lebens auf der Erde vernichtet. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass nur etwa alle 500 Millionen Jahre so ein Ausbruch die Erde trifft.
->   Sabine Schindler (Uni Innsbruck)
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Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten 70 Jahren passiert: sehr gering
Auslöschungspotenzial: 8-9
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10. Schwarze Löcher: Genau zielen, um hineinzufallen
Peter Christian Aichelburg, Professor für theoretische Physik an der Universität Wien: "Schwarze Löcher sind abgeschlossene Regionen im Raum, in die Signale nur hinein-, nicht aber wieder herauskommen können. Die Größe des Lochs ist abhängig von der Masse des kollabierten Sterns, aus dem es hervorgegangen ist: Bei unserer Sonne wäre dies eine Kugel mit einem Radius von etwa drei Kilometern.

Die Erde würde auf ihrer Bahn um die Sonne bleiben, denn das Gravitationsfeld hätte sich nicht verändert. Man müsste schon sehr genau zielen, um in das Schwarze Loch hineinzufallen. So wie man Satelliten, die um die Erde kreisen, abbremsen muss, damit sie zurückkehren, müsste auch der Drehimpuls der Erde um die Sonne reduziert werden. Das Unangenehmste an einer kollabierten Sonne wäre die Tatsache, dass sie nicht mehr scheint.

Wenn die Erde in den Einfluss eines Schwarzen Lochs kommt, würden wir es zunächst durch eine Störung der Erdbahn bemerken, die schon verheerende Auswirkungen auf das Klima hätte. Ein freier Fall in ein Schwarzes Loch macht sich durch stärker werdende Gezeitenkräfte bemerkbar: Fällt man mit den Füßen voran, so ist die Anziehung der Füße stärker als die des Kopfes, was zu einer Dehnung führt. Diese 'Spaghettisierung' würde den Körper schließlich zerreißen."

[Universum Magazin, science.ORF.at, 5.7.05]
->   Institut für theoretische Physik, Universität Wien
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Wahrscheinlichkeit, mitsamt dem Planeten in den nächsten 70 Jahren in ein Schwarzes Loch zu fallen: sehr gering
Auslöschungspotenzial: 10
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Die Interviews stammen von Astrid Kuffner, die komplette Geschichte erscheint am 6. Juli in der neuesten Ausgabe des "Universum Magazins".
->   Universum Magazin
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01.01.2010