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Zwangsernährung: Mediziner skeptisch  
  Skeptisch reagieren Mediziner auf die Debatte rund um das Thema Zwangsernährung. Die Umstellung auf künstliche Ernährung bedeutet eine große physische und psychische Belastung.  
In zumindest einem Punkt dürfte Österreich eine günstige Tradition haben: In den letzten 30 Jahren sei kein Strafhäftling zwangsernährt worden, sagt man im Justizministerium. Deshalb mangelt es hier auch an Erfahrung.
Erfahrung nur bei freiwillig künstlicher Ernährung
Was hingegen sehr wohl praktiziert wird, ist die künstliche Ernährung auf freiwilliger Basis - vor allem bei Menschen mit Essstörungen, Magersucht, Bulimie.

Hier wird dem Patienten entweder über eine Magensonde das zugeführt, was man allgemein "Astronautennahrung" nennt, oder er bekommt über eine Infusion intravenös Nährstoffe verabreicht.
Ein vorsichtiger Vorgang
Ein Spezialist dafür ist der Internist Peter Weiss, Primarius für Psychosomatik am Wiener Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien:

"Es wird bei uns niemand zwangsernährt. Die Behandlung erfolgt bei uns über eine Sonde, die über die Nase in den Magen eingeführt wird, womit eine vorsichtige flüssige Ernährung durchgeführt wird", meinte Weiss im ORF-Radio.
Notprogramm des Körpers
Eine heikle Angelegenheit, die behutsam angegangen werden muss. Denn, so Peter Weiss, der künstliche ernährte Körper fährt quasi auf ein Notprogramm zurück: Vom Blutdruck bis zur Funktion von Weißen Blutkörperchen, Rückenmark und Schilddrüse verändert sich beim Hungerpatienten faktisch alles.
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Grenzen für künstliche Ernährung
Künstliche Ernährung ist also schon bei Menschen, die damit einverstanden sind kompliziert.
Es gibt genau Grenzen, die in Tabellen festgelegt sind. Ein Beispiel: Eine Frau, die ein Meter 70 groß ist, wird erst dann zur Kandidatin für künstliche Ernährung, wenn sie 40 Kilo oder weniger wiegt.
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Skepsis bei Zwangsernährung kann tödlich enden
Skeptisch ist der Internist Peter Weiss beim Thema Zwangsernährung von Menschen, die sich um Hungerstreik befinden: "Es wäre für diese Menschen sicher extrem belastend, sie einer Zwangsernährung zuzuführen."

Außerdem: Wenn zu schnell zu viele Kalorien verabreicht werden, kann es für den Hungernden gar tödlich ausgehen.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft, 5.7.05
->   Mehr zum Hintergrund der Debatte in ORF.at
 
 
 
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01.01.2010