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EuGH: Uni-Zugangsregeln Österreichs sind EU-widrig  
  Österreich kann die derzeitigen Zugangsbeschränkungen an Hochschulen und Universitäten für Studenten aus dem EU-Ausland nicht aufrecht erhalten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Donnerstag wie erwartet, dass die geltenden Bestimmungen eine "Diskriminierung" Studienwilliger aus anderen EU-Ländern darstellen und damit gegen EU-Recht verstoßen.  
Diskriminierung der anderen EU-Bürger
"Die Regelung über den Zugang zu österreichischen Universitäten ist gemeinschaftsrechtswidrig" stellt der EuGH fest. Sie bewirke eine Diskriminierung für Studenten, die ihre Zugangsberechtigung in anderen EU-Ländern erworben hätten.

Anders als österreichische Studenten, die nur die Matura vorweisen müssen, brauchen Schulabgänger mit Reifeprüfungszeugnissen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach dem österreichischen Universitäts-Studiengesetz auch eine Zugangsvoraussetzung zur gewünschten Studienrichtung in ihrem Heimatland, etwa eine Aufnahmeprüfung oder eine Mindestnote für den Numerus Clausus.
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Gesetz zur Kapazitätsbeschränkung geplant
Nach dem Urteil des EuGH wird nun befürchtet, dass eine große Zahl deutscher Studien-Interessenten nach Österreich kommt. Das Bildungsministerium plant daher, den Unis befristet die Festlegung von Kapazitätsgrenzen zu erlauben.

Per Gesetz soll den Rektoraten für zwei Jahre das Recht übertragen werden, in den Fächern Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Biologie, Psychologie, Pharmazie und Betriebswirtschaftslehre Schranken festzusetzen.

Diese können entweder bereits vor der Zulassung erfolgen oder im Rahmen einer Studieneingangsphase. Dabei ist allerdings eine Untergrenze zu beachten, die beim Schnitt der Zahl der Studienanfänger der vergangenen Jahre liegt.
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Einheitlichkeit der Hochschulbildung "nicht gefährdet"
Den österreichischen Einwänden gaben die Luxemburger EU-Richter nicht Recht. "Österreich hat nicht dargetan, dass ohne die derzeitige Regelung der Bestand des österreichischen Bildungssystems im Allgemeinen und die Einheitlichkeit der Hochschulausbildung im Besonderen gefährdet wären", betonte der EuGH.

Einer überhöhten Nachfrage nach bestimmten Fächern könnte durch "nicht diskriminierende Maßnahmen" wie Aufnahmeprüfungen oder dem Erfordernis einer Mindestnote begegnet werden.
Ungerechtfertigte Diskriminierung
"Österreich hat nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass die Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Sekundarschulabschlüssen unter den gleichen Voraussetzungen wie die Inhaber österreichischer Sekundarschulabschlüsse Zugang zu diesem Studium haben", stellt der Gerichtshof fest.

"Diese Diskriminierung könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruhte und in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimen Zweck stünde, der mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgt wird", so der EuGH weiter.
->   Europäischer Gerichtshof
Verfahren seit 2003
Das Verfahren gegen Österreich wurde 2003 von der EU-Kommission angestrengt. Im Laufe der vergangenen Jahre hat es allerdings immer wieder Beschwerden, primär von deutschen Studierenden gegeben, die offensichtlich von der EU-Kommission aufgegriffen wurden. Eine Individualklage eines in Österreich abgewiesenen Studenten hat es nie gegeben.
Sichere Plätze für bereits Inskribierte
Grafik: APA
Laut Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) werden vor dem 7. Juli erfolgte Inskriptionen nicht für ungültig erklärt. Das heißt, dass eine schnelle Inskription den Studienplatz sichern dürfte.

Das führte dazu, dass es am Montag - zum Beginn der Inskriptionsfrist - auf dem Wiener Uni-Campus zu einem Ansturm auf die Zulassungsschalter kam. Dutzende künftige Medizinstudenten campierten sogar auf dem Campus, um sich einen Studienplatz zu sichern.

Bild rechts: Der Hochschulzugang in den europäischen Ländern bzw. dessen Beschränkung in den angegebenen Fächern
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Kostenlose Hotline für Erstsemestrige
Das Bildungsministerium und die Studierendenanwaltschaft haben nach dem EuGH-Urteil eine kostenfreie Hotline für Erstsemestrige eingerichtet. Ab sofort werden unter 0800 311650 wochentags von 09.00 bis 16.00 Uhr Fragen zum Urteil beantwortet.
->   FAQs zum EuGH-Urteil (Bildungsministerium)
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"Wer zuerst kommt"
An der Medizin-Uni Wien lautet das Motto auch unabhängig vom EuGH-Urteil "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Bereits im ersten Studienabschnitt wird die Zahl der Studienplätze für Praktika und Übungen auf 1.560 beschränkt und nach der Reihenfolge der Anmeldung vergeben.

Laut Hochschülerschaft haben sich bisher aber erst rund 800 Studenten vorerfassen lassen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 7.7.05]
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Buch zu Bildungsreformen
Abschied vom Humboldtschen Bildungsideal, Entscheidungsautonomie, Gebühren für Studierende, nun auch das Ende des freien Hochschulzugangs: Das sind einige der Resultate von Reformen, mit denen die Universitäten seit den frühen 90er Jahren konfrontiert sind. Ein jüngst erschienenes Buch liefert einen genauen Überblick über diese Entwicklungen.
->   Mehr dazu: "Bildung riskiert" durch Uni-Reformen (11.3.05)
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->   Europäischer Gerichtshof
->   Bildungsministerium
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Uni-Zugang: Uni Wien mit "Frühwarnsystem" (6.7.05)
->   Gehrer: "Es wird keinen Numerus Clausus geben" (25.5.05)
->   Hochschulforscher: Uni-Zugang - Geht es noch ohne Einschränkungen? (19.1.05)
->   Archiv zum Thema in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010