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Gebete zeigen keine Heilwirkung  
  Der Glaube versetzt angeblich Berge: Fernheilung kann er aber nicht bewirken. Eine aktuelle Studie stellte bei zahlreichen Herzpatienten trotz intensiver Gebete für sie keine Verbesserung fest.  
An dem Experiment "Mantra II" (Monitoring and Actualisation of Noetic Trainings) nahmen mehr als 700 Patienten in neun Kliniken teil. Verschiedene Gruppen beteten für bestimmte Patienten, wie die Autoren unter Leitung von Mitchell Krucoff von der Duke University in Durham im "The Lancet" berichten.

Diese Gebetsgruppen - Christen, Muslime, Juden und Buddhisten - versammelten sich auf Wunsch der Forscher außerhalb des Krankenhauses - also weit weg von den Patienten.
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Die Studie "Music, imagery, touch, and prayer as adjuncts to interventional cardiac care: the Monitoring and Actualisation of Noetic Trainings (MANTRA) II randomised study" ist in "The Lancet" (Bd. 366, S. 211, Ausgabe vom 16.7.05) erschienen.
->   The Lancet
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Zwei Therapien: Schulmedizin und Noetik
Krucoff und Kollegen gehen von zwei Arten der Krankenbehandlung aus: Die eine hantiert mit "angreifbaren" Ingredienzien - die klassische Schulmedizin. Unter "noetischen Therapien" (Noetik: Erkennen geistiger Gegenstände) verstehen sie alles andere: von Homöopathie über Energieheilen bis hin zum therapeutischen Beten.

Um die oft geglaubte und selten überprüfte Wirksamkeit dieser "noetischen Behandlungen" zu untersuchen, haben sie 371 Patienten Gebetsgruppen zugeordnet, 377 Kranke bekamen keinen Beistand dieser Art.
Heilbeten und MIT-Behandlung
Zusätzlich erhielten die Hälfte der Patienten eine so genannte MIT-Therapie am Krankenbett: Dabei konnten sie Musik hören, Bilder sehen und wurden von anderen Menschen berührt (MIT: music, imagery and touch). Die andere Hälfte der Kranken bekam nichts dergleichen.

Dann wurde ihr weiterer Krankheitsverlauf verfolgt: allgemeiner Körperzustand, Wahrscheinlichkeit erneut zu erkranken sowie Sterblichkeitsrate.
Keine medizinische Verbesserung
Für Freunde des Betens ernüchterndes Fazit: "Beten für Patienten, die andernorts behandelt werden, oder eine Therapie am Bett mit Musik und Berührung verbessert nicht messbar die klinischen Ergebnisse", so Krucoff und sein Team.

Dabei schnitt die MIT-Therapie bei einem der untersuchten Parameter besser ab als die Fernheilung durch Beten: Bei ersteren war die Sterblichkeitsrate nach sechs Monaten - zwar knapp, aber doch - geringer als in der Kontrollgruppe.
Das letzte Wort nicht gesprochen
Die Forscher empfehlen weitere Studien zum Thema. "Der Einfluss, den Hoffnung und Glauben auf das persönliche Empfinden von Krankheit haben, kann nicht so einfach abgetan werden.

Dies sind Themen für die Wissenschaft, eben weil ihre Grenzen überschritten werden", schreibt "Lancet" in einem Kommentar. Andere Studien hatten bereits gezeigt, dass Beten der eigenen Gesundheit gut tun kann.

[science.ORF.at/APA/dpa, 15.7.05]
->   Mitchell Krucoff, Duke University
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Religion und Gesundheit (29.3.02)
->   Wie das Gehirn beim Meditieren arbeitet (1.3.02)
->   Wohlbefinden durch Gebet und Meditation (24.12.01)
 
 
 
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01.01.2010