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Radikaler Umweltschutz: Neo-Wildnis in den USA  
  Elefanten, Löwen, Geparden und Kamele mitten in Nordamerika: Vor über 13.000 Jahren war das noch Normalität, heute sind sie außerhalb von Tiergärten verschwunden. US-Biologen wollen die alten Zustände nun wiederherstellen. Durch Verwilderung und Import verwandter Arten soll ein neues "altes" Paradies der Tiere entstehen - im Herzen Nordamerikas.  
Von ihren radikalen Vorschlägen in Sachen Umweltschutz schreiben führende US-Forscher um den Evolutionsbiologen Josh Donlan von der Cornell University in New York in der aktuellen Ausgabe von "Nature".
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Der Kommentar "Re-wilding North America" ist in "Nature" (Bd. 436, S. 913, Ausgabe vom 18. August 2005) erschienen.
->   Nature
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"Nicht verrückt"
"Wenn wir nur zehn Minuten haben, um unseren Plan zu erklären, werden uns die Leute für verrückt halten", gibt der Ökologe Harry Greene in einer Aussendung der Uni selbstkritisch zu. Bei der Ein-Stunden-Version, sei dies aber gänzlich anders.

Um die science.ORF.at-User nicht derart zu belasten, hier in aller Kürze die Vorschläge der amerikanischen Forscher.
Die meisten großen Tiere ausgestorben
Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist eine Zustandsbeschreibung der Artenvielfalt in Nordamerika. Die allermeisten großen Wirbeltiere sind seit dem Ende des Pleistozäns ausgestorben.

Hauptgrund dafür ist den Forschern zufolge das Auftauchen der ersten Menschen vor rund 13.000 Jahren. Auch in jenen Gebieten Afrikas und Asiens, in denen Verwandte der Tiere heute noch leben, sind die meisten vom Aussterben bedroht.
Entscheidend für Artenvielfalt
Gerade die großen Fleisch- und Pflanzenfresser hätten für die Biodiversität des Kontinents eine entscheidende Rolle gespielt, viele der ausgestorbenen Säugetiere die Evolution von heute bekannten Arten beeinflusst.

Ein Beispiel: Vier Millionen Jahre lang wurde der niederkalifornische Gabelbock vom amerikanischen Geparden gejagt - ein guter Grund für den Antilopen-Verwandten Geschwindigkeiten bis zu 90 km/h zu entwickeln.
Pferde, Esel, Kamele, Elefanten und Löwen
Weitere Arten, die aus dem Kreislauf der Natur seit dem Ende des Pleistozäns in Nordamerika verschwanden, sind: Urpferde und -esel, eine Kamelart, Asiatische und Afrikanische Elefanten sowie Löwen.

Alle diese könnten nach dem Wunsch der US-Forscher aus ihren derzeitigen - zumeist stark bedrohten - Habitaten Afrikas oder Asiens exportiert und wieder in den Vereinigten Staaten angesiedelt werden.
"Pleistocene re-wilding" in drei Phasen
Das "pleistocene re-wilding" soll dabei einem Drei-Phasen-Plan folgen. Phase Eins dieser Rückverwilderung hat schon begonnen: Studien untersuchen ihre genauen Auswirkungen. Unter anderem wurde bereits die stark vom Aussterben bedrohte Riesenschildkröte Gopherus flavomarginatus auf einer privaten Ranch in New Mexico wieder ausgesetzt.

In der Phase Zwei sind die eher gefährlicheren Tiere an der Reihe: Eine kleinere Anzahl an Geparden, Löwen und Elefanten sollen auf privatem Boden frei gelassen werden.

In der dritten Phase schließlich soll es zur Einrichtung "ökologischer Geschichte-Parks" kommen - und zwar in den großen Präriegebieten im Westen der USA, denen es wirtschaftlich ohnehin nicht sehr gut geht, wie die Forscher betonen.
Strenge Wissenschaft
Gegen mögliche Einwände sehen sich die Wissenschaftler gewappnet: Die Möglichkeit unbeabsichtigt Krankheiten zu übertragen bestehe genauso wie das Auftreten unvorhergesehener "ökologischer oder sozialer Konsequenzen".

Dagegen helfe einzig profunde Forschung, vorausschauendes Management und eine vorurteilsfreie öffentliche Diskussion, unterstreichen Josh Donlan und seine Umweltschutz-Gefährten.

"Wir wollen nicht die Türen eines Lkw öffnen und Elefanten sowie Geparden in die Landschaft entlassen", versichert Donlan. "All dies würde streng wissenschaftlich vor sich gehen."

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 18.8.05
->   Josh Donlan, Cornell University
->   Mehr über das Pleistozän (Wikipedia)
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->   Artenvielfalt schwindet in Rekordzeit (20.5.05)
->   Artenvielfalt: Größte Krise seit Dinosaurier-Sterben (24.1.05)
->   Internationale Standards für Klima, Gesellschaft und Artenvielfalt (7.6.04)
 
 
 
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01.01.2010