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Uni-Zugang: Belgien mit ähnlichen Problemen wie Österreich  
  Vor zwei Jahren wurden in Belgien im Zuge eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die dortigen Uni-Zugangsbeschränkungen aufgehoben. Seitdem sucht man im französischsprachigen Teil des Landes nach einer Lösung für den Ansturm französischer Studenten auf bestimmte Studienrichtungen.  
Im Bereich der Veterinärmedizin gab es im Juni 2005 erstmals mehr Abschlüsse nicht-belgischer Studenten als belgischer. In Medizin und Zahnmedizin werden mit dem Wintersemester die Zugangsbestimmungen verändert, weshalb die Inskription bis 1. September blockiert wurden.
Entscheidende Prüfung nach einem Jahr Studium
"Wir haben die Inskriptionen bis 1. September ausgesetzt, weil wir wollten, dass die Studenten die Spielregeln kennen, wenn sie beginnen", heißt es aus dem Kabinett der Ministerin für höhere Bildung in der Regierung des frankophonen Teils des Landes, Marie-Dominique Simonet.

Künftig müssen die rund 700 Studenten am Ende des ersten Studienjahrs (statt wie bisher nach drei Jahren) eine Prüfung bestehen, die 420 von ihnen erlaubt, weiterzumachen. Entschieden werde - ohne ansehen der Nationalität - nach Punkten, so das Ministerium.
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Prinzipiell freier Uni-Zugang
Eigentlich hat Belgien, ähnlich wie Österreich, freien Zugang zu den Universitäten. Ausnahmen bilden Aufnahmeprüfung an Kunst- und Architekturakademien sowie an technischen Hochschulen. Für Medizin und Zahnmedizin wurde Mitte der 90er Jahren eine dreijährige "Evaluierung" eingeführt. Diese lange Eingangsphase stellte sich aber als problematisch heraus, weil viele damit drei Jahre studierten, um dann herauszufinden, dass sie nicht weitermachen konnten.
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Ebenfalls negatives EuGH-Urteil
Ähnlich wie im Fall Österreich wurde auch das Königreich Belgien vor den EuGH gebracht, weil Studenten aus anderen EU-Ländern bis vor zwei Jahren entweder einen Studienplatz im eigenen Land vorweisen oder eine Art zweite Matura machen mussten, um an einer belgischen Universität studieren zu können.

Damit sollten vor allem Studenten aus dem großen Nachbarland Frankreich abgehalten werden, die dort keine Studienplätze in Medizin, Zahnmedizin oder Veterinärmedizin bekommen hatten.

Ein Jahr bevor der EuGH diese Praxis in seinem Urteil vom 1. Juli 2004 - erwartungsgemäß - als diskriminierend und damit EU-rechtswidrig einstufte, änderte die Regierung der französischsprachigen Gemeinschaft Belgiens diese Zugangsbestimmungen.
Neun Universitäten, drei Vollunis
Für die französischsprachige Gemeinschaft Belgiens - rund ein Drittel der etwa zehn Mio. Einwohner Belgiens - gibt es neun Universitäten, drei davon so genannte Volluniversitäten mit allen Studienrichtungen (Brüssel, Liege, Louvain).

Von den rund 65.000 Uni-Studenten studieren 75 bis 80 Prozent an diesen drei Vollunis. Darüber hinaus gibt es rund 30 Akademien an denen Technik, Kunst, Architektur aber auch medizinische Fachausbildungen absolviert werden können mit weitere 70.000 Studenten.
Acht Prozent französische Studenten
Rund acht Prozent der insgesamt 135.000 Studenten (an den Universitäten und Akademien der frankophonen Gemeinschaft), also etwa 10.000 kommen aus Frankreich.

In den drei oben genannten Studienrichtungen sehen die Zahlen allerdings anders aus: An der Universität von Liege, der einzigen an der man im französischsprachigen Teil Belgiens Veterinärmedizin bis zum Abschluss studieren kann, machen die angehenden Tierärzte aus Frankreich rund zwei Drittel aus.

Im Herbst soll die Wirksamkeit der seit 2003 obligatorischen Eingangsprüfung, mit der die Zahl der Veterinärstudenten auf 250 begrenzt wird, überprüft werden, so das Bildungsministerium.

Dramatisch ist die Situation auch bei Heilgymnastik, wo von 700 Diplomanden pro Jahr bereits 500 aus Frankreich stammen. Hier gibt es nach wie vor keine Aufnahmebeschränkungen.
Keine Regelung auf europäischer Ebene
Im Ministerium für höhere Bildung sieht man wenige Chancen auf eine Regelung auf europäischer Ebene, angesichts der Haltung der großen Mitgliedsländer.

Belgien habe gemeinsam mit den Nachbarländern die Idee eine Bildungsschecks auf europäischer Ebene angeregt, sei aber abgeblitzt. Die EU-Kommission oder der EuGH werden in Belgien aber nicht für die Misere verantwortlich gemacht.

[science.ORF.at/APA, 19.8.05]
->   Das Stichwort Uni-Zugang im science.ORF.a-Archiv
 
 
 
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01.01.2010