News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Studie: Arbeitslosigkeit fördert Rechtsextremismus  
  In Ostdeutschland gibt es jährlich dreimal so viel rechtsextreme Straftaten wie im Westen. Laut Forschern ist nicht die unterschiedliche Sozialisation daran schuld, sondern die höhere Arbeitslosigkeit im "Osten".  
Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universität Bonn, des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und der Universität Zürich.
Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Gewalt belegt
Genau 44.403 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund wurden zwischen 1996 und 1999 offiziell vom deutschen Bundeskriminalamt registriert. Bei knapp sieben Prozent davon handelte es sich um gewalttätige Übergriffe, vor allem gegen Ausländer.

Armin Falk, Ökonom am IZA, und sein Zürcher Kollege Josef Zweimüller haben die Zahlen pro Monat und Bundesland mit den Arbeitslosenzahlen des entsprechenden Zeitraums verglichen. Dabei sind sie auf einen signifikanten Zusammenhang gestoßen: Je höher die Arbeitslosenquote war, desto mehr rechtsextreme Straftaten wurden verübt. Allerdings gilt diese Faustformel erst ab einer kritischen Mindestarbeitslosigkeit.
...
Andere Faktoren nicht aussagekräftig
Andere landesspezifische Faktoren wie der Anteil junger Männer an der Bevölkerung, die Pro-Kopf-Ausgaben für Jugend- und Sozialhilfe, der Anteil ausländischer Mitbürger oder die Aufklärungsrate von Verbrechen konnten die Unterschiede zwischen den Bundesländern nicht erklären.
...
Nicht die Arbeitslosen sind die Täter
"Unsere Studie sagt aber nicht: Rechtsextreme Straftaten werden vor allem von Arbeitslosen begangen", betont Falk. "Der Zusammenhang ist viel komplexer." So erhöhe eine hohe Erwerbslosenquote die Existenzangst auch bei denen, die Arbeit hätten.
Existenzangst lässt Zivilcourage sinken
"In einem solchen Umfeld sinkt dann die Bereitschaft, Zivilcourage zu zeigen und gegen rechtsextreme Ausschreitungen einzutreten. Und das wirkt wie eine zusätzliche Ermutigung für die eigentlichen Täter."
"Ost-Sozialisation" als Sündenbock nicht zu halten
In den ostdeutschen Bundesländern war die Zahl rechter Straftaten pro Einwohner in den Jahren 1996 bis 1999 knapp dreimal so hoch wie im Westen. Viele Soziologen erklären das mit der erst kurzen demokratischen Tradition der Neuen Bundesländer.

Allerdings lag im Untersuchungszeitraum die Arbeitslosenquote in den Neuen Ländern ebenfalls um satte 7,1 Prozent über der in Westdeutschland. Falk hat abgeschätzt, wie sich das auf die Statistik ausgewirkt hat: "80 Prozent der Differenz bei den Gewalttaten ist allein auf die unterschiedlichen Erwerbslosenzahlen in Ost und West zurückzuführen", resümiert er. "Die unterschiedliche Sozialisation als Sündenbock ist mit unseren Daten nicht zu halten."

[science.ORF.at/idw, 24.8.05]
->   Weitere Details zur Forschungsarbeit im englischen Originalartikel
->   Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit
->   Universität Zürich
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010