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Wiener Genetiker mit Methode zur Stammzell-Isolierung  
  Vor zwei Jahren haben Wiener Wissenschafter um den Genetiker Markus Hengstschläger hoch potente Stammzellen im Fruchtwasser entdeckt. Jetzt setzte er erstmals eine Technik um, mit der es gelingt, solche Stammzellen gezielt zu gewinnen, teilte Hengstschläger der APA mit.  
Stammzellen sollen fehlende Funktionen ersetzen
"Ziel ist es, Stammzellen zu isolieren und schließlich in jene Zelltypen (Nervenzellen, Bauchspeicheldrüsenzellen, Muskelzellen etc.) umzuwandeln, die dann im Körper des Patienten die verloren gegangenen Funktionen wieder übernehmen können", schrieb Hengstschläger von der Abteilung für medizinische Genetik an der Universitäts-Frauenklinik am Wiener AKH in der Fachzeitschrift "International Journal of Molecular Medicine".
->   Zum Journal
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Stammzellen in Haut- und Nervenzellen umwandeln
Umstritten ist dabei die Verwendung von Stammzellen aus Embryonen im frühesten Entwicklungsstadium. Deshalb suchen international zahlreiche Forschungsgruppen nach anderen Stammzell-Quellen.

Die Wiener Experten entdeckten solche im Fruchtwasser von Schwangeren. Der Experte: "Wir konnten diese Stammzellen bereits in Nerven- und Hautzellen umwandeln."
->   Mehr über Stammzellen in Wikipedia.de
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Stammzellen von anderen Fruchtwasser-Zellen trennen
Doch die theoretische Machbarkeit stellt noch nicht den Durchbruch in Richtung medizinischer Anwendung dar. Hengstschläger, der vor kurzem gemeinsam mit dem Wiener IVF-Pionier Wilfried Feichtinger mit der Anwendung der Polkörper-Diagnose in der Präimplantationsdiagnose für Aufsehen sorgte:

"Man kann irgendwelche Stammzellen in den verschiedensten Organen und Geweben entdecken. Aber für eine medizinische Anwendung benötigt man ausschließlich die hoch potenten Stammzellen. Man muss sie rein isolieren und von anderen Zellen, die sich zum Beispiel auch im Fruchtwasser befinden, trennen."
->   Gendiagnostik durch Polkörperuntersuchung (1.7.05)
Andere Zellen könnten Tumoren bilden
Im Fruchtwasser kommen hoch potente Stammzellen zu einer Rate von eins zu 1.500 vor. Der Genetiker: "Das ist gar nicht so wenig, aber für das Anlegen einer Zellkultur braucht man eben nur diese Stammzellen."

Bei anderen Zellen hat man Angst, dass sie vielleicht Tumoren bilden könnten oder bei der medizinischen Anwendung nicht an jene Orte wandern, wo sie als "Ersatzmaterial" benötigt werden.
Stammzellen zum Leuchten gebracht
Um nun aus Amniozentese-Proben ("Fruchtwasserspiegelung") exakt die gewünschten hoch potenten Stammzellen zu gewinnen, verfielen die Wiener Experten um Markus Hengstschläger auf einen Trick.

"Durch Einschleusen eines fluoreszierenden Genprodukts aus Leuchtfischen konnten wir die hoch potenten Stammzellen spezifisch markieren."
Licht mit spezieller Wellenlänge
Entscheidend dafür ist die Markierung des Transkriptionsfaktors Oct-4. Er stellt offenbar das typische Merkmal solcher Stammzellen dar.

Mit der Methode der Durchfluss-Zytometrie, bei der eine Zelle nach der anderen durch ein Gerät geschleust und mit Licht jener Wellenlänge bestrahlt wird, welche solche mit dem Fluoreszenz-Genprodukt zum Leuchten bringt, lassen sich dann die gewünschten Stammzellen zielgenau aussortieren.
Hauttransplantate aus eigenen Stammzellen ...
Zur Anwendung solcher Stammzellen gibt es bereits Pläne.

Hengstschläger: "Wir haben die Idee, Kinder, die zum Beispiel mit einem 'offenen Rücken' auf die Welt kommen, mit Hauttransplantaten aus ihren eigenen Stammzellen zu behandeln."
... damit Abstoßungsreaktionen verhindern
In seltenen Fällen haben Neugeborene schwerste Missbildungen, bei denen zum Beispiel am Rücken ein Spalt offen bleibt. Hengstschläger: "Den muss man mit Haut decken. Wenn wir wissen, dass ein noch Ungeborenes diesen Defekt aufweist, könnten wir aus dem Fruchtwasser die Stammzellen gewinnen und in der Zellkultur bis zur Entbindung die dazu notwendigen Hautzellen züchten."

Das hätte auch den Vorteil, dass das Kind körpereigenes Material bekäme. Eine Abstoßungsreaktion würde es nicht geben.

[science.ORF.at/APA, 29.8.05]
->   Universitäts-Frauenklinik am Wiener AKH
->   Mehr zum Thema Stammzellen im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010