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Vogelgrippe: Geringe Gefahr durch Zugvögel  
  In Asien grassiert die Vogelgrippe seit zweieinhalb Jahren. Abgesehen von Geflügel-Importen und Schmuggel aus den betroffenen Gebieten geraten nun Zugvögel ins Visier. Für Österreich gehe von ihnen aber keine unmittelbare Gefahr aus, so der Veterinärmediziner Gerhard Loupal im ORF-Radio.  
Angst vor der Vogelgrippe
Die Angst vor der Vogelgrippe geht in Europa um - zum einen wegen der Tierseuche an sich, die für vor allem Hühner tödlich sein kann und für Geflügelzüchter massiven wirtschaftlichen Schaden verursachen kann.

Zum anderen wegen einer möglichen Veränderung des Virus von einer Tierseuche in eine für den Menschen gefährliche Infektion.
Flugrouten der Zugvögel führen vorbei
Das Risiko, dass Zugvögel die Vogelgrippe bzw. das Virus H5N1 aus Asien nach Österreich einschleppen, halten Vogelkundler für gering. So auch Gerhard Loupal, Pathologe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und Präsident der Vogelschutzorganisation "Birdlife Österreich".

Der Grund: Zugvögel, die im Herbst in Österreich Station machen oder überwintern, kommen vor allem aus Nordeuropa und Skandinavien, aus den baltischen Staaten und Nordwest-Russland, sagt Loupal im ORF-Radio:

"Das sind Regionen, die im Moment und soweit wir die Daten beurteilen können, noch nicht von der Vogelgrippe betroffen sind."
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Russische Saatkrähen ungefährlich
Immer wieder angesprochen werden die russischen Saatkrähen, die im Osten Österreichs überwintern. Sie stellen keine große Gefahr dar, meint Loupal im Ö1-Mittagsjournal:

"Der Großteil der bei uns überwinternden Saatkrähen kommt aus der Ukraine, aus Weißrussland und Westrussland ¿ also weit entfernt von den Regionen Zentralasiens, wo derzeit die Vogelgrippe auftritt."
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Staffellauf statt Direktflug?
Aus den betroffenen Vogelgrippe-Gebieten in Asien ziehen nur einzelne Arten wie z.B. Kampfläufer, Alpenstrandläufer oder Rothalsgans nach bzw. über Österreich, sagt der Vogelseuchen-Experte Gerhard Loupal von der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Abgesehen von einzelnen Vögeln, die direkt aus einer H5N1-Region nach Europa kommen können: Wie wahrscheinlich ist das Szenario, dass ein Wildvogel z.B. aus China in Russland Station macht und dort eine Saatkrähe infiziert, die nach Wien weiterfliegt?
Virus verunmöglicht weite Flugreisen
"Verschiedene Zugwege können sich in manchen Gebieten kreuzen und da könnte es theoretisch sein, dass ein Vogel den anderen ansteckt und dass das Virus auf diesem Weg weitergetragen wird.

Nur: Wenn man davon ausgeht, dass es sich um einen hoch ansteckenden und hoch krankmachenden Virusstamm handelt, und wenn man davon ausgeht, dass die betroffenen Tiere auch daran erkranken, dann werden sie nicht mehr weit ziehen können. Wenn das Virus nämlich seine Wirkung entfaltet, dann sterben die Tiere."
Deutschland und Niederlande: Freilandhaltung im Visier
Deutschland und die Niederlande reagieren auf die Tierseuche, die sich von Asien scheinbar westwärts ausbreitet, anders als Österreich:

Die Geflügelhalter in den Niederlanden müssen ihre Tiere seit vergangener Woche wegsperren, um eine mögliche Infektion mit dem Virus H5N1 zum Beispiel durch Zugvögel zu verhindern.

In Deutschland hat das Verbraucherministerium eine ähnliche Verordnung zum Verbot der Freiland-Haltung ausarbeiten lassen; vorerst dürfen deutsche Hühner noch im Freien picken. Während des Vogelzuges lässt Deutschland aber Freilandhühner auf das Virus untersuchen sowie stichprobenartig Wildvögel.
Österreich: Kein Verbot in absehbarer Zeit
Österreich hat in absehbarer Zeit kein Verbot der Freilandhaltung geplant. Deutschland und die Niederlande sind für Gerhard Loupal von der Veterinärmedizinischen Universität Wien verständlicherweise in höherer Alarmbereitschaft als Österreich.

Loupal im ORF-Radio: "Der erste Grund liegt in der Geflügelwirtschaft: In Holland und Deutschland gibt es wesentlich intensivere und größere Geflügelwirtschaft als in Österreich. Außerdem ist Holland ein gebranntes Kind ¿ die hatten ja bereits die Vogelgrippe. [Anm. Virustyp H7N7 vor zwei Jahren] Der zweite Grund: Der Vogelzug spielt sich in einem wesentlich stärkeren Ausmaß entlang der Nordseeküste und entlang der Küste von Holland und Deutschland ab als übers Binnenland bei uns."
->   Vogelgrippe: Weiter Freilandhühner in Österreich (19.8.05)
Schmuggel höheres Risiko als Zugvögel
Zusammenfassend meint der Vogelexperte und Vogelschützer Gerhard Loupal: die Gefahr, dass Zugvögel die Vogelgrippe einschleppen, sei gering - wesentlich geringer jedenfalls als die Gefahr, dass illegale Vogelimporte das Virus nach Europa bringen.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft, 30.8.05
->   Mehr über die Vogelgrippe im science.ORF.at-Archiv
->   Zum Radiobeitrag im Ö1-Inforadio
 
 
 
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01.01.2010