News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Technologie 
 
Standortwahl: Innovationen im globalen Wettbewerb  
  Die Globalisierung stellt an Unternehmen hohe standortpolitische und technologische Anforderungen. Strategien im internationalen Wettbewerb wurde beim Forum Alpbach nachgegangen: Was zeichnet Innovation aus und wie kann man den Wert von Unternehmen steigern?  
Diskutiert wurde von Experten eine Reihe von Themen: von Grundlagen und Wandel der Unternehmenskultur über die Notwendigkeit von Kooperationen und Netzwerken bis hin zu Nischenproduktionen der heimischen Klein- und Mittelbetriebe (KMUs).

Einhellig resümierte der Arbeitskreis, dass internationalisierte Innovationsnetzwerke - in Zusammenarbeit von öffentlicher Hand, Wirtschaft und Wissenschaft - Europa als Standort absichern können.
...
Technologiegespräche Alpbach
Bei den Technologiegesprächen des Forums Alpbach vergangene Woche widmetet sich ein Arbeitskreis der "Technologie- und Standortstrategien für Unternehmen".
->   Forum Alpbach
...
Internationale Kooperation unerlässlich
Europa steht vor einem entscheidenden Paradigmenwechsel: Das Lohngefälle bei einfachen Massenprodukten führt vermehrt zu Standortverlagerungen.

Anders bei hochtechnologischen Produkten: Vermehrte Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E), so die einhellige Meinung der Experten, sichern Wachstum und Wettbewerbsvorsprung.

Erich Hödl, Wirtschaftswissenschaftler von der TU Graz, betonte, dass dynamisches Unternehmertum und Bereitschaft zu Kooperation unerlässlich seien.

Aber: Nur rund vier Prozent der österreichischen Unternehmen sind international tätig, familiengeführte KMUs bestimmen oft die österreichische Wirtschaftslandschaft.
Ausbildung und "Überalterung"
Die Ökonomin Ursula Schneider von der Uni Graz wies auf die Wichtigkeit verbesserter Ausbildung hin, um die Abwanderung von Talenten zu verhindern.

Außerdem stelle die "Überalterung" der österreichischen Bevölkerung ein großes Problem dar. Schneider betonte auch die Mentalitätsfrage "als wesentlichen Faktor".
Vernetzte Institute statt Ansiedlungsförderungen
Europa neige dazu, Konkurrenzfragen auf geistiger Ebene auszutragen. Spiritualität sei aber keine Maßnahme im internationalen Wettbewerb, meinte Schneider zum fehlenden "Biss" in Europa, denn "Barbaren überrennen immer die Zivilisation".

Eine zukunftsweisende Lösung sieht sie im - auch international - vernetzten Uni-Institut sowie in attraktiveren technischen Studien, um dem Mangel an Ingenieuren und wachsendem "funktionalen Analphabetismus" entgegen zu wirken.

Unspezifische Antworten lieferten ihrer Ansicht nach hingegen Investitions- und Ansiedlungsförderungen - wie etwa bei den Technologie-, Industrie- und Gründerparks.
Zeitfenster für Internationalisierung nutzen
Die Voraussetzung für Wachstum und Innovation in der Unternehmensstruktur sieht Martin Unger (Contrast Management) im Management: Geschäftsmodell und Marketing definieren seiner Ansicht nach Innovation und Wachstum - unabhängig von der Konjunktur.

Seine Kritik: KMUs seien in Folge von "Mentalitätsbarrieren" oft "Kooperationsverweigerer".

Für eine mögliche Internationalisierung müssten die "Zeitfenster" genutzt werden, derzeit insbesondere Kooperationen mit Südosteuropa.
Wachstum und Innovation: Ein Langstreckenlauf
Der IT-Experte Heinrich Garn von ARC-Seibersdorf ergänzte, dass "wirksame Innovation ein Langestreckenlauf" sei und in einem komplexen Prozess entstehe, letztendlich aber vom Markt definiert werde.

Die Konzeptphase benötige Freiräume bei gleichzeitig profunder Kenntnis der Technik. Praxisanalysen und Prototypen ermöglichen Serienentwicklungen erst bei entsprechender Marktkenntnis: Wertschöpfung resultiere aus verzahnter Zusammenarbeit zwischen angewandter Forschung und Industrie.
...
Wertschöpfung in Österreich: Zwei Erfolgsstories
Umdenken im gesamten Prozess der Supply Chain ist unerlässlich: Im Unterschied etwa zur Automobilzulieferindustrie werden im Luftfahrtsektor Stückzahlen erzeugt, die nur in geringem Ausmaß in automatisierten Prozessen hergestellt werden. Die Firma FACC in Ried im Innkreis zählt in der Entwicklung, Produktion und Wartung von Luftbauteilen an die 1.050 Mitarbeiter.

Der Autocluster ACstyria kooperiert mit 200 Partnerunternehmen mit insgesamt 44.000 Mitarbeitern. Rund 3.000 Mitarbeiter beschäftigen sich mit Forschung und Entwicklung. Die Strategie 2011 - die ACstyria Zukunftswerkstatt - soll in Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik und Bildungseinrichtungen langfristige Wettbewerbsvorteile für die Region entwickeln und sicherstellen.
...
Wachstumsfinanzierungen
Kooperationen zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen diskutierte Peter Angermayer von Danube Equity Invest Management: Die Voest-Tochter fördert Start-ups in der Projektentwicklung, Bewertung von Geschäftsideen, Wettbewerbsanalyse sowie Entwicklungen wie z.B. basisaktiver RFID-Technik (Radio Frequence Identification).

Eine Win-win-Situation kann zusätzlich durch Venture Capital (VC) von Großunternehmen erzielt werden: Österreichische Banken und Unternehmer sind bei der Bereitstellung von VC generell aber noch sehr zurückhaltend, so die Kritik in Alpbach.
Kooperations- und Netzwerkperspektive
Kritisch betrachtet Heinrich Garn zunehmende Vorleistungen für mögliche Kooperationen oder das Einfordern von Exklusivrechten der Wirtschaftspartner. Unabhängige Forschung werde dadurch erschwert und Entwicklungsaufträge aus der Wirtschaft verzögert.

Bei entsprechend dynamischem Unternehmertum und kooperativem Zusammenwirken von Netzwerken bestehe laut Diskussionsteilnehmern kein Grund für düstere Zukunftsvisionen am heimischen Markt.

Die europäische Wettbewerbsfähigkeit sei so gesichert und durch das Wirtschaftswachstum Indiens und Chinas nicht gefährdet.

Doris Lippitsch, 31.8.2005
...
Doris Lippitsch ist Teilnehmerin des Universitätslehrgangs für Wissenschaftskommunikation "scimedia" und war ORF-Stipendiatin der Technologiegespräche beim Forum Alpbach 2005.
->   scimedia
...
Weitere Berichte über die Arbeitskreise in Alpbach 2005:
->   Experten für Zurückhaltung bei Nano-Hype (30.8.05)
->   Oft im Zwist: Wissenschaft und Medien (29.8.05)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Technologie 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010