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Ausstellung über den Hirnforscher Soemmerring  
  Samuel Thomas Soemmerring gilt als ein Allrounder der Naturwissenschaften Ende des 18. Jahrhunderts und Revolutionär der Hirnforschung. Zu seinem 250. Geburtstag widmet sich ihm eine Ausstellung.  
Vor 250 Jahren wurde Samuel Thomas Soemmerring geboren, ein deutscher Universalgelehrter der Naturwissenschaften und ein Revolutionär der Hirnforschung.

Unter dem Titel "Mediziner, Naturforscher, Aufklärer" widmet das Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien Soemmerring eine Sonderausstellung.
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Die Sonderausstellung "Samuel Thomas Soemmerring. 1755-1830. Mediziner, Naturforscher, Aufklärer" im Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien,
Währingerstraße 25, 1090 Wien (Josephinum), ist bis zum 13.10.2005 zu sehen.
->   Institut für Geschichte der Medizin
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Universalgelehrter oder Unentschlossener?
Samuel Thomas Soemmerring - der Name steht für einen deutschen Anatomen, Physiologen, Arzt, Anthropologen, Chemiker, Physiker, Paläontologen, Astronom und Erfinder. Und mittlerweile steht der Name auch für eine Pflanze, eine Antilope, einen fossilen Saurier und einen Mondkrater.

Die Ausstellung "Samuel Thomas Soemmerring. 1755-1830. Mediziner, Naturforscher, Aufklärer", gestaltet vom Westpreußischen Landesmuseum Münster, ist bis Mitte Oktober in Wien zu sehen.
"Revolutionär" der Hirnforschung
Soemmerring, vor 250 Jahren geboren, gilt Hirnforschern (der Ausstellung zufolge) als Revolutionär ihres Fachs: Die noch heute gültige Zählung der Hirnnerven geht auf ihn zurück, er entdeckte 1783 die Sehnerv-Kreuzung im Säugetier-Gehirn und beschrieb den gelben Fleck im Augenhintergrund als Stelle des schärfsten Sehens.

Seine fünf Bände "Vom Baue des menschlichen Körpers" waren das Anatomie-Handbuch seiner Zeit, sagt Manfred Skopec vom Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien gegenüber dem ORF-Radio - sie waren anschaulich formuliert mit Wortschöpfungen wie z.B. "Bauspeicheldrüse".
Soemmerrings Spuren in Wien...
Geboren wurde Samuel Thomas Soemmerring 1755 in Thorn (Torun) in Westpreußen bzw. Polen. Seine Forschungen und Aufträge brachten ihn im Lauf seines Lebens nach Göttingen, Kassel, Mainz, Frankfurt am Main und München.

Zum seinem 250. Geburtstag widmet ihm das Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien ein Ausstellung.

Manfred Skopec, Leiter der Medizinhistorischen Sammlungen des Instituts, im ORF-Radio über Soemmerrings Beziehungen zu Wien: "Kaiser Joseph II hat für seine medizinisch-chirurgische Lehranstalt (das Josephinum, in dem heutzutage das Institut für Geschichte der Medizin untergebracht ist und auch die Soemmerring-Schau zu sehen ist) eine Sammlung pathologischer Feuchtpräparate ankaufen lassen. Soemmerring galt zu dieser Zeit als der bedeutendste Anatom."

Diese pathologisch-anatomischen Präparate Soemmerrings in Wien sind allerdings nicht mehr erhalten.
...und Salzburg: Paracelsus-Schädel untersucht
Skopec gegenüber Radio Österreich 1: "Mein Kollege Helmut Gröger hat sich insbesondere mit den Beziehungen Soemmerrings zu Salzburg beschäftigt und herausgefunden, dass Soemmerring auch den Schädel des Paracelsus untersucht hat, als das Grab geöffnet wurde. Allerdings musste er den Schädel wieder zurückgeben, hat aber mehrere Wachsabgüsse anfertigen lassen."
"Volksaufklärer" gegen Korsett und Guillotine
Soemmerring publizierte u.a. gegen die Guillotine (1795), weil nach seiner Ansicht "das Bewusstsein bei Enthaupteten noch kurz andauere" (Begleitheft zur Ausstellung; veröffentlicht vom Stadtarchiv Mainz).

Allerdings hatte dieses Urteil laut Ausstellungsbroschüre auch mit Soemmerrings Abneigung gegen die Französische Revolution zu tun.

Die Schrift "Wirkungen der Schnürbrüste" (1793) richtet sich gegen das einengende und einzwängende Korsett. Im Vorwort der historischen Schrift steht zu lesen, dass Form und Zuschnitt der Kleider kein Fall für die "Medicinalpolizei" seien, sondern für die Medizin.
Von Goethe über Heißluft bis zur Telegraphie
Soemmerring pflegte Kontakte zu Goethe, Kant und Humboldt; ließ nach Vorbild der Brüder Montgolfier den ersten Freiballon in Deutschland aufsteigen und erfand einen elektro-chemischen Telegraphen nach dem Prinzip der Elektrolyse (1809).

Er machte Grundlagenstudien zur Embryologie, zur Anthropologie sowie zu Missbildungen und führte im Jahr 1800 als praktischer Arzt die Pockenschutzimpfung in Frankfurt am Main ein.

Des Weiteren interessierte er sich für Paläontologie (Soemmerring sezierte einen Elefantenschädel) und Astronomie.
Umstritten: Rassistische Schrift und Seelen-Suche
Der vielseitig Interessierte war zu Lebzeiten nicht unumstritten, so seine Schrift von der "körperlichen Verschiedenheit" von Europäern und Afrikanern (1784), die laut Ausstellungsbroschüre (Stadt Mainz) wegen mehrdeutiger Aussagen über Rang und Eigenart von Anfang an umstritten war.

Ebenso seine Suche nach dem "Organ der Seele" (1796). Immanuel Kant, den Soemmerring um ein Nachwort gebeten hatte, empfand laut Begleitheft zur Ausstellung, dass hier Physiologie und Philosophie unzulässig miteinander vermischt seien.
Wanderausstellung im Jubiläumsjahr
Die Ausstellung "Samuel Thomas Soemmering. 1755-1830. Mediziner, Naturforscher, Aufklärer" gestaltet vom Westpreußischen Landesmuseum Münster war zuvor u.a. in Mainz zu sehen, auf Wien folgt als nächste Station Kassel.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 1.9.2005
 
 
 
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01.01.2010