News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Forschungsförderung der USA realistisch betrachten  
  Kritik sowohl an der Forschungsförderung in Europa als auch in den USA gab es Freitag Vormittag bei den Gesundheitsgesprächen im Rahmen des Forum Alpbach zu hören.  
Mehr Geld in den USA, steht mehr Förderung riskanter Forschungsprojekte in Europa gegenüber, erklärte beispielsweise der aus der Schweiz stammende Chemie-Nobelpreisträger des Jahres 2002, Kurt Wüthrich. Gleichzeitig sei es erstaunlich, wie wenig in Europa mit viel Geld erreicht werde.
Teure vs. billige Nobelpreisträger
Wüthrich hat in seiner Jahrzehnte langen Karriere als Strukturbiologie viele Jahre in den USA (jetzt wieder) und an der ETH Zürich gearbeitet, kennt aber auch die Situation in Japan.

Geld allein macht jedenfalls den Vorsprung der USA auf manchen Wissenschaftsgebieten laut seiner Meinung nicht aus: "Das Howard Hughes Institut investiert 700 Millionen Dollar (565 Mio. Euro) und hat in zehn Jahren zehn Nobelpreisträger bekommen. Das ist eigentlich relativ wenig. Um den Preis von zehn Millionen Dollar (8,07 Mio. Euro) hat das Scripps Institute (La Jolla, Kalifornien, Anm.) einen Nobelpreisträger bekommen - in meiner Person."
Österreich: Nicht auf Lorbeeren ausruhen
Pointiert kommentierte Wünthrich auch die österreichische Forschungslandschaft: "Es ist unglaublich, welch große Fortschritte Österreich gemacht hat. In den siebziger Jahren hat sich die Wissenschaft darauf konzentriert Geburtstagssymposien für erfolgreiche Österreicher im Ausland zu organisieren.

Da waren 25 Zuhörer bei den Vorträgen - und am Abend dann beim Empfang 500. (...) Da wurden sehr viele Fortschritte gemacht. Aber Österreich darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, sonst geht es Ihnen wie uns Schweizern beim Skifahren."
Förderung in den USA realistisch sehen
Das große Lob für die Forschungsförderung in den USA durch viele Experten - auch beim Forum Alpbach - müsse aber auch vor einem sehr harten realen Hintergrund gesehen werden.

Wüthrich: "Wenn wir heute ein Projekt in den USA einreichen, müssen wir fast schon die Resultate vorweisen." Risikoreiche Forschung werde wahrscheinlich besser innerhalb der herkömmlichen Strukturen in Europa gefördert.
Neid der US-Kollegen auf ETH
An der ETH Zürich hätte er, Wüthrich, 15 Jahre zu Bedingungen arbeiten können, um die ihn seine US-Kollegen beneiden hätten müssen. Das Geld fließe dort oft erst, wenn sich heraus gestellt hätte, dass ein Forschungsgebiet viel versprechend sei.
Aber: Fixe Positionen binden Geld zu lange
Andererseits: Die fixen Positionen von Wissenschaftern an den europäischen Universitäten würden auch viel Geld binden. Würde man einen Lehrstuhl für SARS-Forschung einrichten, würde man in den USA Verträge für drei Jahre anbieten.

Wüthrich: "In Europa würde man einen Professor mit fünf weiteren Dienstposten anstellen. Damit wären im Laufe von 20 bis 30 Jahren 30 Millionen Euro blockiert."
Projekte werden in USA flexibler eingestellt
Während in den USA nach Ablauf der Frist ein Projekt ausgeweitet oder einfach eingestellt werde, sei die Situation in Europa laut dem Nobelpreisträger folgendermaßen - selbst wenn das Problem SARS schon erledigt sei: "In Europa wird der SARS-Professor noch 25 Jahre weiter arbeitet."

[science.ORF.at/APA, 2.9.05]
Mehr von science.ORF.at-Host Peter Biegelbauer zum Thema:
->   EU-Frühlingsgipfel 2005: Europa als neue Nummer Eins? (II) (23.3.05)
->   Lissabon-Strategie: Europa als neue Nummer Eins? (I) (21.3.05)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010